ecostory 20/2007
Wasser und Energie in der Schweiz bis 2050
Startseite | Klima | Energie | Nachhaltigkeit | zurück
Eine Reportage auf Radio DRS vom 14.3.2007, von (Niederschrift und Kommentar: Helmut Lubbers

Die Klimaerwärmung werde schleichend vorangehen, bis zum Jahr 2050. Die Temperaturen werden steigen, wahrscheinlich um zwei bis drei Grad. Die Schneefallgranze wird im Schnitt von heute 860 Metern über Meer auf 1200 Meter ansteigen. Das schreibt der Bericht klar und deutlich. Gefordert ist da vor allem der Tourismus. Der Wintersport wird massiv an Bedeutung verlieren. Die Touristendestinationen müssten umstellen und Innovationskraft beweisen, sagt Hans-Ruedi Müller, Direktor des Forschungsinstituts für Freizeit und Tourismus an der Universität Bern.

"Diese generelle Profilierung über den Wintersport, die wird nicht möglich sein. Gstaad-Sarnerland hat die letzte Woche gesagt, wird sind eine Lifestyle-Destination. Natürlich weiterhin mit Skifahren, aber das nur als Nebenprodukt und andere werden auf alpine Wellness setzen. Andere werden aufs Wandern setzen. Andere werden auf Weiterbildung setzen. Da gibt es wahrscheinlich vile Möglichkeiten und die müssen jetzt etwas ausgelotet werden."

Nicht nur die Temperaturen, auch die Niederschlagsmengen werden sich verändern. Im Winterhalbjahr wird es bis ins Jahr 2050 ein bisschen mehr Niederschläge geben. Der Bericht spricht von etwa zehn Prozent. Doch dürften sich im Winter auch mehr Überschwemmungen im Mittelland ereignen bei den häufiger werdenden extremen Niederschlägen. Trockener wird der Sommer. Dann, in 40 Jahren, soll es bis zu einem fünftel weniger regnen und auch im Sommer muss mit mehr extremen Ereignissen gerechnet werden, wie etwa der Hitzesommer des Jahres 2003, sagt Bruno Schädler, der Leiter Abteilung Hydrologie beim Bundesamt für Umwelt und Mitautor der Studie.

"Wir werden sicher im Sommer häufiger die Situation haben wie wir sie im Jahr 2003 erlebt haben, in diesem Trockensommer, dass wir nicht mehr genug Wasser haben für alle."

Dann gibt es weniger Wasser für die Bauern, die gerade in solchen Trockenperioden ihre Äcker intensiver bewässern müssten. Es gibt weniger Grundwasser, das sich als Grundwasser verwenden lässt. Aber es fliesst auch weniger Wasser aus dem sich Strom produzieren liesse. Ausgerechnet dann, wenn es eben heiss ist und die Klimaanlagen auf Hochtouren laufen und folglich Strom benötigt wird wie sonst nie im Verlaufe des Jahres.

In der Schweiz decken Wasserkraftwerke rund zweidrittel des Strombedarfs. Im Winter zehn Prozent weniger Niederschläge, im Sommer 20 Prozent weniger, das bedeutet nicht nur während Hitzeperioden, auch übers Jahr fehlen da dann im Schnitt zehn Prozent Wasser.

"Insgesamt gehen die Leute davon aus, dass durch den verminderten Gesamtniederschlag und durch die Veränderung der Niederschlagsmengen im Sommer und im Winter etwa zwischen sieben und zehn Prozent weniger Wasserkraftstrom produziert werden kann. Für die Kernkraftwerke bedeutet es insbesondere, dass wenn das Wasser dann besonders warm ist im Sommer, dass die Effizienz der Kraftwerke geringer wird. Das heisst, dass sie weniger Strom produzieren können in dieser Zeit."

Dass diese Einbussen bei Kernkraftwerken massiv sein können, wenn weniger Wasser für die Kühlung vorhanden ist, hatte der Hitzesommer 2003 gezeigt. Über die Dauer von zwei Monaten mussten die Kernkraftwerke ihre leistung um einen viertel drosseln. Das heisst, Kernkraftwerken müssen ihre Kühlsysteme der Klimaveränderung anpassen um leistungsfähig zu bleiben.

Aber ganz grundsätzlich stellt sich die Frage, was tun, wenn es zu wenig Wasser hat für alle. In der Schweiz sei diese Frage noch nicht geregelt, hält der Bericht fest. Es bestehe ein klarer Handlungsbedarf, sagt Bruno Schädler. Das bedeute, dass "die Politik, die Behörden letzlich, Überlegungen machen müssen, wie sie dann gegebenenfalls bei wirklicher Wasserknappheit das Wasser verteilen."

Die Schweiz wird diese Veränderungen, die durch den Klimawandel bis zum Jahr 2050 auftreten dürften, verkraften können. Doch danach, sollte der Treibhausgasausstoss in naher Zukunft nicht stark vermindert werden, auch das steht im Bericht, wird es für niemanden mehr gemütlich, auch in der Schweiz nicht.


Dazu ecoglobe:

Bei allen schlechten Nachrichten ist Optimismus Pflicht. Der Tourismussachverständiger sieht nur den Tourismus. Man wird sich anpassen. Andere Umweltfaktoren und -auswirkungen gibt es in seiner Welt nicht. Keine Wasserknappheiten, keine Überschwemmungen, keine Erdrutsche und Bergstürze bei verschwindendem Permafrost oder Wetterextremen. Klassischer Prognosefehler: alle anderen Faktoren werden als unverändert angenommen, obwohl eher das Gegenteil wahrscheinlich ist, nämlich dass vieles ändert.

Wie die Schweiz diese Änderungen bis 2050 wird"verkraften können", ist unklar. Warum 2050 und nicht 2025 oder 2075? Dass wir unsere Treibhausgasemissionen in naher Zukunft stark (wie stark?) vermindern, ist Wunschdenke. Die Realität sieht anders aus. Die Emissionen sind bislang immer noch im Staiegn begriffen und sie werden es auch weiter machen, so lange wir Wirtschaftswachstum haben.

Unsere Jugend kann sich also auf eine schöne Zeit gefasst machen. Ich denke, sie wird ihre untätigen Eltern und Grosseltern verwünschen. Denn in einem Land mit Dauerüberschwemmungen kann man nicht mehr leben.

Helmut Lubbers ... 16 März 2007
  • Nachhaltigkeit
  • Zeit-Wachstum-Szenarios
  • Briefe stop Wachstum
  • Startseite | Stichwörter a-z | ecostory | Ihre Rückmeldung
    ecoglobe seit 1997
    7303-7217