ecostory 34-2004
Der langsame Tod

Beruf: Scharfrichter - Der WDR zeigt einen kurzen stillen Film über das Töten
von HARALD KELLER
"WDR-dok: Henker erzählen - Todestrakte in den USA", WDR (Westdeutscher Rundfunk), 23.30 Uhr, (22.10.2004)

Fred Allen ist ein Kerl von stämmiger Statur. Er arbeitet als Zimmermann, früher war er Gefängnisaufseher in Huntsville und dort unter anderem mit Exekutionen befasst. Wenn er heute an seine frühere Arbeit zurückdenkt, rinnen ihm vor laufender Kamera Tränen über das Gesicht.

Das ist schon die spektakulärste Aufnahme in Jean-Paul Dubois' Dokumentation über Menschen, die beruflich mit Hinrichtungen befasst sind. An Sensationshascherei ist dem Autor nicht gelegen, und er bedarf ihrer auch nicht. Die meist statische Kamera zeigt in der Hauptsache Gesichter, zwischendurch Gefängnismauern, Zellen, Hinrichtungsinstrumente. Gerade seine aketische Machart ist es, die diesem Film zu seiner nachhaltigen Wirkung verhilft.

Dubois lässt seine Gesprächspartner erzählen und strukturiert ihre Aussagen nach Kapiteln wie "Vor der Hinrichtung", "Der Tod", "Nach der Hinrichtung". Gefängnisleiter, Vollzugsbeamte, Priester haben ihm freimütig, oft auch selbstkritisch Auskunft erteilt. Keiner ist darunter, bei dem das staatlich sanktionierte Töten nicht tiefe Spuren hinterlassen hat. Kaum verwunderlich, hört man sie von ihren Erfahrungen berichten. Von Ex-Junkies, bei denen anderthalb Stunden lang versucht wurde, eine brauchbare Vene für die tödliche Injektion zu finden. Von Delinquenten, die wegen eines fehlerhaften elektrischen Stuhles Höllenqualen erleiden mussten. Vom fürchterlich langsamen Sterben in den Gaskammern.

Spräche nicht ohnehin schon alles gegen das Verhängen von Todesurteilen, allein die grausigen, einer Folter gleichkommenden Hinrichtungsarten sollten eigentlich ausreichen, diese jeder Menschlichkeit Hohn sprechenden Barbarei für immer zu beenden. Aber, auch das zeigt Dubois, es gibt auch solche, die sich mit den Missständen arrangieren können. Einige mit Gewissensbissen, andere gänzlich ungerührt.

Dubois hat Zeugen gefunden, die ihre Gefühle artikulieren, darunter auch ehemals engagierte Befürworter der Todesstrafe. Nach diesem Film versteht man, warum sie ihre Meinung geändert haben. Anders übrigens als der ostentativ gottesfürchtige US-Präsident Bush. Er kommt im Film ebenfalls zu Wort - mit der selbstzufriedenen Aussage, er denke gar nicht daran, die Todesurteile abzuschaffen.
  • Die Folter (Lied von Georg Danzer, *1946)

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