... aktuell wegen des isrealischen Krieges vom Juli/August 2006
(Zytlupe von Franz Hohler - Radio DRS1 vom 29.3.2003 - Anmerkung zum Urheberrecht...)
Haben Sie die Nachrichten gehört? (Klick um zu hören)
(Text: Schweizerdeutsch, Deutsch, Englisch und Arabisch.)
Gab's etwas Neues? Ich habe sie nämlich nicht gehört. Nie hört, sieht und liest man so viele Nachrichten, als wenn so ein Krieg losgegangen ist. Und nie erfährt man so wenig wie in diesen Nachrichten. [Heute, im Krieg vom Juli/August 2006, sehen wir alles] Auf allen Bildschirmen stehen unsere Sonderkorrespondenten und beantworten die Fragen von den Nachrichtenmoderatoren im Studio. Entweder sagen sie als Bildchen aus Bagdad "Ja das ist im Moment sehr schwer zu sagen. Ich habe vorhin wieder drei Detonationen gehört, die aus der Richtung des Regierungsviertels stammen." Oder sie sagen als Zombie auf einem verwackelten Videofonbild aus Nordirak "Ja das ist im Moment sehr schwer zu sagen. Von den Truppenbewegungen ist hier nicht viel zu sehen." Oder sie sagen mit wehenden Haaren vor einem diffusen nächtlichen Stadthintergund: "Ja das ist im Moment sehr schwer zu sagen. Wir haben hier nur die Informationen des Einsatzkommandos." Und was man so häufig hört wie noch nie, ist der Satz: "Das weiss ich nicht." Oder "Das kann ich Ihnen nicht sagen." Und eigentlich würde ich den Satz auch in ruhigeren Zeiten gern mehr in den Nachrichten hören. Denn auch in ruhigeren Zeiten beruhen die Nachrichten häufig auf Meldungen von Leuten, die ehrlicherweise sagen müssten "Das weiss ich nicht."
Ich hätte Ihnen auch ein paar Nachrichten zum Krieg. Sie stammen aus zuverlässigen Quellen. Also von zuverlässigen Korrespondenten und Korrespondentinnen, welche die Augen immer offen hatten. Der erste ist der Friedrich von Logau, der uns aus dem dreissigjährigen Krieg im siebzehnten Jahrhundert unter dem Titel "Abgedankte Soldaten" folgende Nachricht schickt.
Würmer im Gewissen.
Kleider wohl zerrissen.
Wohl benarbte Leiber.
Wohl gebrauchte Weiber.
Ungewisse Kinder.
Weder Pferd noch Rinder.
Nimmer Brot im Sacke.
Nimmer Geld im Packe. Haben mitgenommen,
die vom Kriege kommen.
Wer denn hat die Beute?
Wer denn hat die Beute?
Eitel fremde Leute!
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Die nächste Nachricht erreicht uns aus dem Jahr 1910. Sie ist von einem dreiundzwanzigjährigen Korrespondenten namens Georg Heim, der zwei Jahre später ertrunken ist und sie heisst
"Der Krieg".
Aufgestanden ist er, welcher lange schlief.
Aufgestanden unten aus Gewölben tief.
In der Dämmerung steht er gross und unbekannt
und den Mond zerdrückt er in der schwarzen Hand.
In dem Abendlärm der Städte fällt es weit -
Frost und Schatten einer fremden Dunkelheit
und der Märkte runder Wirbel stockt zu Eis.
Es wird still. Sie sehen sich um. Und keiner weiss. Eine grosse Stadt versank im gelben Rauch,
warf sich lautlos in des Abgrunds Bauch.
Aber riesig über glühenden Trümmern steht,
der in wilder Himmel dreimal seine Fackel dreht
über sturmzerfetzter Wolken Widerschein.
In des toten Dunkels kalten Wüsterneien.
Dass er mit dem Brande weit die Nacht verdorr.
Pech und Feuer träufet unten auf Gomorr.
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"Embedded correspondents" nennen die Amerikaner jene Journalisten, die sie mit den Truppen in den Krieg mitnehmen, damit sie von der Front berichten können. Eingebettete Korrespondenten. Das tönt richtig gemütlich, alsob es nicht rundherum schlagen und donnern würde. Ich möchte Ihnen eine Korrespondentin vorstellen. Sie ist nicht im Krieg eingebettet. Aber sie ist in der Welt eingebettet. Es ist eine kanadische Indianerin. Sie heisst Buffy Sainte-Marie. Und sie hat vor ziemlich genau vierzig Jahren den heutigen Krieg in Irak beschrieben.
Universal Soldier
He's five foot two And he's six feet four
Er ist eins sechzig oder eins fünfundneunzig gross
He fights with missiles And with spears
Er kämpft mit Raketen und mit Speeren
He's all of thirty one And he's only seventeen
Er ist einunddreissig und ist noch nicht einmal siebzehn
He's been a soldier For a thousand years
Er ist Soldat schon seit tausend Jahren
He's a Catholic, a Hindu, an atheist, a Jain
Er ist katholisch, Hindu oder Atheist,
Buddhist, Baptist oder Jude
And he knows he shouldn't kill
Es weiss, es sollte nicht töten
And he knows he always will
Und er weiss er tötet dennoch
Kill you for me, my friend And me for you
Und zwar dich für mich Und mich für dich
And he's fighting for Canada He's fighting for France
Er kämft für Kanada, für Frankreich
He's fighting for the U.S.A
Und er kämpft für die USA
And he's fighting for the Russians
Er kämpft für die Russen
And he's fighting for Japan
Er kämpft für Japan
And he thinks we'll put And end to war this way
Damit der Krieg ein Ende habe
And he's fighting for democracy
Er kämpft für Demokratie
He's fighting for the Reds
Und kämpft für die Roten
He says it's for the peace of all
Er sagt, so gäbe es Frieden für alle
He's the one who must decide
Er ist derjenige, der entscheiden muss
Who's to live and who's to die
Wer leben darf und wer stirbt
And he never sees the writing on the wall
Und er ist blind für die Schrift an der Wand
But without him how would Hitler Have condemned him at Dachau
Aber ohne ihn hätte Hitler niemanden nach Dachau geschickt
Without him Caesar would've stood alone
Der Cäsar wäre alleine gewesen ohne ihn
He's the one who gives his body
As a weapon of the war
Nur er gibt seinen Körper als
Waffe für den Krieg
And without him all this killing can't go on
Ohne ihn geht das Töten nicht weiter
He's the universal soldier
And he really is to blame
Er ist der ewige Soldat
Er hat dreckige Hände
His orders come from far away no more
Der Befehl für ihn kommt nicht von nirgendwo
They come from here and there and you and me
Er kommt von ihm, von dir und mir
And brothers can't you see
Und wie seht ihr denn nicht ein
This is not the way We put the end to war
So kommt der Krieg nie zu einem Ende
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Und auf der anderen Seite, gibt es dort wohl auch Korrespondenten? Solche, die nicht den Sabel schwingen und dazu Kriegslieder singen zur Verteidigung von einem Tyrannen? Solche Korrespondenten - dafür lege ich die Hand ins Feuer - solche Korrepondenten gibt es immer. Man muss sie vielleicht nur ein wenig länger suchen. Hören Sie einmal, was der irakische Dichter Sargon Boulos gesehen hat.
[Arabisch]
ملاحظة من
مسافر
Anmerkung eines Reisenden
عندما
رأيت
Als ich sah,
الموت
يتوضأ في
النافورة
wie der Tod sich in einem Springbrunnen wusch,
والناس
من حولي
يعبرون
نياماً
في الطرقات
und die Leute um mich herum wie schlafend auf ihren Wegen vorbeiströmten,
بدا أنّ
أحلامي
أهرام من
الرمل
schien mir, dass meine Träume Pyramiden aus Sand sind,
تنهار
أمام
عيني
vor meinen Augen einstürzend.
ولمحت
نهاري يهرب
في
الاتجاه
المعاكس
Und sah, wie mein Tag in die andere Richtung entfloh,
بعيداً
عن تلك
المدينة
الملعونة
fort aus dieser verfluchten Stadt.
البدء
نختاره
Den Anfang wählen wir.
لكن
النهاية
تختارنا
Aber das Ende wählt uns.
وما من
طريق سوى
الطريق
Es bleibt kein Weg als der Weg.
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Und zum Schluss möchte ich mich selber auch als Korrespondent outen (offenbaren). Mit einer Geschichte, die ich gesehen habe, nicht als ich die Augen aufmachte, sondern als ich sie zumachte.
Die Taube
Eine Taube flog über das Kriegsgebiet und wurde vom Rotorblatt eines Kampfhelikopters zerfetzt. Eine ihrer schönen weissen Federn schwebte in den Hof eines Hauses, wo sie von einem Kind aufgelesen wurde. Kurz darauf mussten die Grosseltern und die Mutter mit dem Kind flüchten. Wir nehmen nur das Nötigste mit sagte die Mutter, raffte ein paar Kleider zusammen, und stopfte sie mit ihren Dokumenten und etwas Geld und Schmuck in einen Koffer. Der Grossvater füllte zwei Flaschen mit Wasser. Die Grossmutter packte das letzte Brot, einige Äpfel und eine Schokolade ein. Das Kind nahm die Feder mit.
(Zeitlupe, mit Franz Hohler.
Abschrift und Übersetzung des Schweizerdeutschen: Helmut Lubbers, 3329)
Das Urheberrecht beruht bei Radio DRS, bzw. Franz Hohler. Wir haben den Text geschrieben und auf Hochdeutsch übersetzt. Die Audioaufnahme haben wir mit Tonband ab der Radiosendung im 2003 zur Zeit des Angriffs auf Irak aufgenommen. Die Wiedergabe erfolgt ohne Gewinnabsichten. - Helmut Lubbers, 20.10.2005. top
Heute sehen wir die Bilder im Fernsehen und in den Zeitungen.
"Eine Straße besteht nicht aus Tonwerten, sondern ist ein Bombardement von zischenden Fensterreihen, sausenden Lichtkegeln zwischen Fuhrwerken aller Art und tausend hüpfenden Kugeln, Menschenfetzen, Reklameschildern und dröhnenden, gestaltlosen Farbmassen."(Quelle 2)
Meidner - Bombardement 1914 (Quelle: 2)
Und das alles hat nur eine Ursache: die Vertreibung eines Volkes von ihrem Land durch ein anderes, "auserwähltes", Volk, seit 1948, mit wohlwollender Unterstützung von uns, "Christen". Die angebliche "Heiligkeit" Palestinas für uns "Christen" rechtfertigt nun die Vertreibung eines Volkes, das dort 2000 Jahre lang gelebt hat.
Die jüdischen und christlichen Zehn Gebote besagen:
5. Gebot: "Du sollst NICHT töten"
7. Gebot: "Du sollst NICHT stehlen"
9. Gebot"Du sollst NICHT begehren deines Nächsten Hab und Gut".
Aber solche Gebote zählen nicht, wenn sie gegenüber anderen Völkern angewendet werden sollten. Das haben wir Christen jahrhundertelang vorgelebt.
Mehr über die Zehn Gebote...
Vergleichen Sie auch: Foreign Policy Blues.
Helmut Lubbers, 6 August 2006 (Tag des Abwerfens der ersten Atombombe. Hiroshima Day - remembering the first dropping of an atomic bomb.)
Quellen:
1: www.katz-heidelberg.de/Kontakt/Gedicht_und_Bild/gedicht_und_bild.html
2: www.kunstdirekt.net/kunstzitate/bildendekunst/manifeste/meidner1914.htm
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