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Was für ein Anlagetyp sind Sie?
von Thomas Freitag Geld. Ja, da fangen schon einige an zu speicheln. Das ist der pawlovsche Reflex. Geld bestimmt unser Leben. Gerade in Deutschland spielt Geld seit jeher eine grosse Rolle. Für den Deutschen ist Geld, was für den Italiener der Gesang ist. Dreizehn Billiarden Spareinlagen. Die Deutschen sind das sparsamste Volk der Welt. Wir haben in der Bank Kunden, die sind so sparsam, die binden ihrem Dackel eine Bürste unter den Bauch um den Staubsauger zu sparen. Aber, wir wollen ja unser Geld nicht nur horten, wir wollen es auch vermehren. Deshalb sind wir heute Abend hier. Wie legt man sein Geld an. Nun, die Deutschen haben traditionell zwei bevorzugte Anlageformen, nämlich das Sparbuch und das Bier. Darüber hinaus gibt es noch Immobilien, Aktien und Versicherungen, also abhängig davon, was für ein Anlagetyp Sie sind. Was für ein Anlagetyp sind Sie. Nun, wenn ich mir die ersten Reihen hier mal so anschaue... Hier zum Beispiel sauberer Scheitel, propere Sache: das sieht nach Sparbuch aus. Dann hier die schiere Kleidung, Draufgängerblick: das ist sicher ein Aktientyp. Und da hinten, ja, Sparstrumpf. Die Anlagetypen unterscheiden sich aber natürlich auch nach der Lebenssituation und die erkennt man am besten im Gesicht. Beim Kleinsparer, gesichtgewordene Angst. Vor allem was da kommen kann, vor den grossen Geisseln der Menschheit, Inflation, Krieg, SPD-Regierung. Und jetzt natürlich auch vor dem Euro. Die grösste Angst des Kleinsparers ist der Euro. Der Gerhard Schröder und Devisen (?). Plötzlich ist er da und keiner will's gewesen sein. Dann, der Mittelständler zeichnet sich durch eine besonders nervöse Aura aus, immer auf der Suche nach neuen Verdienstmöglichkeiten, also Menschen ungefähr so entspannt wie ein Frettchen beim Geschlechtsakt. Und schliesslich die Spitzenverdiener, mit den klassischen Spitzenverdienergesichtern. Das sind traurige Gesichter. Gesichter, nach denen man normalerweise lange graben muss. Mit Mundwinkeln, die bis zu den Knien reichen können. Sie signalisieren "Mir geht's schlecht." Der Spitzenverdiener, meine Damen und Herren, in Deutschland ist nämlich im Spitzensteuersatz und das bedeutet: blanke Armut. Kaum was zu essen. Gehen Sie mal in ein Fünfsternerestaurant, wie wenig da auf 'm Teller liegt. Die Leute haben Hunger. In der UNO wird deshalb erwogen, ein Unternehmerhilfswerk zu gründen: Unichef. Ja, deutschen Spitzenverdienern geht es miserabel. Deshalb kündigen ja auch der Hund und der Henkel immer wieder an, sie wollen das Land verlassen. Und die Bundesregierung verhandelt da auch. Aber es gibt bislang kein Staat, der die beiden haben will. Bei, bei Spitzenverdienern dient die Geldanlage natürlich einzig und allein dem Ziel, die unmenschlichen Steuern ein wenig erträglich zu machen. Und das ist ja ein Problem für uns alle in Deutschland. Sie wissen, meine Damen und Herren, Goethejahr. Aber was war das Buch Nummer eins auf der Bestsellerliste? Der Werther? Der Faust, die Iphegenie? Nein. Tausend ganz legale Steuertricks. Der Konz, der ist inzwischen verbreiteter als die Bibel. Ja, fragen Sie mal die Leute auf der Strasse, was hat Jesus nach dem letzten Abendmal gemacht? Da antworten die meisten, er hat es als Geschäftsessen abgesetzt. Transkription Helmut Lubbers 01MAY2002 Vgl.: |