Der Mensch - ein Verschwender?
[*) 890'440 Terajoule = 890 Millionen Gigajoule = 248 Mio. MWh, das sind 9,5 mal die Jahresproduktion an Elektrizität der schweizerischen Atomkraftwerke (2005: 22,020 Mio. MWh oder 4,2 mal die gesamte Elektrizitätsproduktion der Kraftwerke aller Art in der Schweiz (2005: 57,918 Mio. MWh). Der Elektrizitätsverbrauch ist etwa ein Viertel des gesamten Energieverbrauchs der Schweiz. Im 2006 wurden 4 Prozent des Elektritätsverbrauchs importiert. Quelle: CH Bundesamt für Energie) (1 GWh = 1000 MWh = 1 Mio. kWh)] Einziger Lichtblick, dass die Produktion aus erneuerbaren Ressourcen überproportional um 7,7 % gestiegen ist und dass der Verbrauch von Kohle und von schweren Heizölsorten zurückgegangen ist, letzterer um ganze 21 %. Und es gab einen preisbedingten Rückgang beim Benzin. Der aber wurde durch den Zuwachs an Diesel wieder kompensiert. So steht es. Mehr Menschen mit immer mehr Autos und immer grösseren Wohnungen und immer besserer Ausstattung und immer mehr Computer verbrauchen immer mehr Energie. Konkret gesagt, wir verbrauchen heute drei mal so viel Energie in der Schweiz wie 1960, absolut und pro Kopf. Im Jahr 1960 war die Schweiz noch eine 2000 Watt-Gesellschaft. Das heisst jeder Mensch in der Schweiz kam mit einer kontinuierlichen Leistung von 2000 Watt aus. Heute sind es 5000 Watt pro Person. Für Europa ist das Mittel 6000 Watt und in den USA sind es 12'000 Watt. Die Frage ist, wie lange kann das noch so weitergehen. Nicht mehr allzu lange. Darüber sind sich die Experten einig, denn wir sind daran, unsere Ressourcen in einem rasenden Tempo zu vergeuden und wir heizen unseren Planeten auf. Einigkeit herrscht auch darüber, dass es Verhaltensänderungen braucht und neue Technologien. Aber sind die Menschen auch bereit, diese zu nutzen? Ein Team an der ETH Zürich hat sich dieser Frage angenommen und untersucht, aufgrund welcher Kriterien sich Personen in der Schweiz für den Kauf eines bestimmten Neuwagens entscheiden - genauer, in wie weit die Sparsamkeit des Autos für den Kauf eines Neuwagens entscheidend ist. Roland W. Scholz, Psychologe und Vorsteher am Institut für Mensch-Umwelt-Systeme an der ETH Zürich, hat das Projekt geleitet. Peter Jan van de Haan war sein hauptsächlicher Mitarbeiter. Ich habe die beiden am Institut getroffen und zunächst Roland Scholz gefragt, wie sein Team denn methodisch vorgegangen sei. "Ja, wir haben uns vor vier fünf Jahren überlegt am Institut, dass das Autofahren, der Energieverbrauch der mit dem Auto vebunden ist, eins der dringlichen Umweltprobleme darstellt welches mit Klimawandel und Umweltschonung verknüpft ist. Und wir haben auf diesem Weg erst mal versucht [untersucht], wer ist eigentlich unser Partner, den Ansprechpartner. Auf dem Weg sind wir zur Auto-Schweiz gelangt und haben dort versucht, ein Gespräch, ein Lernprozess zu iniziieren und das ist die Grundlage unseres Projektes. Zum andern führen wir Grossbefragungen durch, wir diskutieren und machen Workshops mit Autokäufern und versuchen, den gesamten Prozess, der mit einem Kauf eines Neuwagens oder eines Okkasionsfahrzeugs verknüpft ist, zu erforschen." Und was ist dabei herausgekommen? "Die Resultate unserer Grossbefragung zeigen ein Bild, dass zwar, wie gesagt, der Neuwagenkauf eigentlich sehr wichtig ist, eine sehr energierelevante Entscheidung wäre, dass die Leute aber für diesen Entscheid nicht so viel Zeit aufwenden. ... (van de Haan)" [Der Energieverbrauch ist kein wichtiger Punkt. Der Verbrauch ist wichtiger für jene Menschen, die kleine Autos kaufen. Das Auto ist immer noch ein Statusymbol. Also keine neuen Erkenntnisse oder Verhaltensweisen. Weit interessanter sind die Kommentare der Psychologen und des DRS-Reporters am Schluss des Kontextberichtes:] [...] [Keller - drs] Es fehlt nicht an Konzepten und es fehlt auch nicht an deutlichen Warnungen. Seit den siebziger Jahren, seit dem ersten Bericht des Club of Rom, dem berühmten Bericht, "Die Grenzen des Wachstums", in dem bereits die düsteren Szenarien einer Zukunft von Energieknappheit und Umweltverschmutzung gezeichnet wurden. Seither gab es unzählige Vorschläge, weitere Ermahnungen, noch mehr Konzepte. "Global 2000", zum Beispiel, der Bericht an den Präsidenten der USA, eine konzise Zusammenfassung dessen, was über eine Weltgesellschaft, die mit ihren Ressourcen nicht sparsam umgeht, bekannt war. Und eine ebenso präzise Voraussage der Klimaerwärmung. Dieser Bericht stammt aus dem Jahr 1980. Und dann, das Werk "Faktor vier" von Ernst-Ulrich von Weizsäcker, eine radikale Vision, die bei halben Ressourcenverbrauch doppelten Wohlstand versprach. Neuerdings die warnenden Werke eines Gerald Diamond, der in seinem Buch "Kollaps" vorführt, wie frührere Zivilisationen durch Ressourcenübernutzung untergegangen sind. Und dann all die vielen sehr konkreten technischen Konzepte, die Zeigen, die technischen Konzepte für eine nachhaltige Zukunft sind da, vom Minergiehaus zum wasserstoffbetriebenen Auto, hin zum Frachtschiff, das mit einem riesigen Segel angetrieben wird und zur Windturbine, alles ist da. Nur eines steht dem im Wege, die nach wie vor günstigen Preise für Erdölbrennstoffe. Peter Jan van de Haan: " Ich glaube nicht, dass man wirklich glücklicher wird, wenn man in New York einkaufen gehen kann. Zurzeit ist die Möglichkeit einfach da. Sie ist auch sehr günstig, weil die Energiepreise noch nicht so hoch sind und weil es überhaupt keine Steuerbelastung gibt auf einen solchen Flug nach New York, den es eigentlich ja geben sollte. Und deshalb machen die Leute das halt. Weil man heuzutage eigentlich zu viel Möglichkeiten hat, zu viel Freizeit und vielleicht auch wirklich zu viel Kaufkraft. Und deshalb suchen sie ihr Glück in New York. Aber es gibt auch eine Forschung dazu. Die Leute sind nicht glücklicher in reichen Ländern als in Ländern mit etwas weniger Möglichkeiten." Ein schwierige Frage natürlich, das Glück zu messen. Aber messbar ist ja zumindestens, Sie haben darauf angesprochen, die Frage von Glück- und Preisrelation. Ist denn die Erhöhung von Eenrgiepreisen, CO2-Abgabe, Abgabe auf Flugbenzin und so weiter und so fort, ist das ein Steuerungsmechanismus um die Menschen - ich sag's jetzt mal salopp - zu Raison zu bringen? (van de Haan) "Absolut! Man muss sich im klaren sein. Energie, das hat eine Umweltkomponente, nämlich den Treibhauseffekt und den Klimawandel und es hat eine Komponente zwischen den Generationen, dass nämlich Ihre Kinder und die Kinder Ihrer Kinder noch etwas Energie haben wollen. Und in userer Gesellschaft ist für einen solchen Ausgleich der Staat verantwortlich und nicht die Marktwirtschaft. Deshalb wird immer der Staat eine zentrale Rolle spielen und muss mit Energiesteuern, CO2-Abgaben und anderen Lenkungsabgaben versuchen, diese Komponente einzubringen in das Konsumverhalten um das Konsumverhalten zu ändern." Mit der Folge natürlich, dass ein Teil unserer gesamten Wirtschaft, zum Beispiel die ganze Flugindustrie, eine boomende Industrie jetzt wieder, doch Konsequenzen zu spüren bekäme. Weniger Flüge heisst weniger Mobilität im Luftraum heisst weniger Flugzeuge heisst weniger Angestellte heisst eine ganze Industrie wäre davon betroffen. (van de Haan) "Ich bin sehr überzeugt, dass das längerfristig unserer Gesellschaft und Wirtschaft gut tun wird. Zurzeit haben wir sehr viel Arbeitsplätze, die eigentlich auf Verschwendung und ineffizientem Umgang mit Ressourcen beruhen. Und ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wenn wir anfangen als Gesellschaft effizienter zu wirtschaften, dass das gut rauskommt." Warum? "Weil es eigentlich ja keinen Sinn macht und eigentlich nicht sinnvoll sein kann, wenn wir heute nach New York zum Shopping fliegen. Ich gebe zu, das generiert ein paar Arbeitsplätze aber auf die Dauer kann das nicht die Basis einer menschlichen Gesellschaft sein. Da untergraben wir die Fundamente des Vertrags der Generationen welchen wir und unseren Kinder eigentlich haben und das würde sich rächen, relativ bald schon. [Scholz] Es geht halt auch darum, dass wir hier vor Ort auch unsere Umwelt so gestalten, dass wir uns dort diese Dinge, die wir zum Alltag brauchen und zum Einkaufen, bekommen können. Ich denke, dass wir vielleicht im Freizeitbereich, der ja auch eine wesentliche Ursache auch darstellt, und dieses Hineingehen in diese grossen Touristenstädte, in Mallorca oder auf den Gran Canaria, das sind Phänomene, die in der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts entstanden sind, von denen ich aber nicht überzeugt bin, dass sie auch langfristig im Grunde die Ideallösung für eine Glückbefriedigung darstellen. Hier denke ich wird es ein Umdenken geben, welches auch die Mobilität und die Effizienz vom Energieverbrauch stark beeinflüssen." Wir reden von denen, die nach New York zum Shopping gehen aber wir haben noch nicht von denen gesprochen, die einerseits unter dem Treibhauseffekt leiden und auf der anderen Seite nach wie vor vom Zugang zu den Technologien und auch zu den Energieressourcen abgeschnitten sind, nämlich die Länder des Südens. Deren Aufholbedarf ist enorm und es stehen im Moment ja keine Energien zu Verfügung, keine Energieträger zu Verfügung, die jetzt diesen Menschen ein Aufholen unter Nachhaltigkeitsaspekten zu Verfügung stellen würden. (van de Haan) "Ich glaube, der treibende Faktor ist Wohlstand und Kaufkraft und es fehlt in diesen Ländern, im sogenannten Süden, vor allem natürlich an Wohlstand, an Wirtschaft und an der Kaufkraft. Wenn sie diese haben, würden sie sehr wohl diese Energie kaufen können, die sie benötigen und das würde natürlich zu höheren Energiepreisen führen, weltweit, die auch wir bezahlen müssten. Aber das Problem liegt glaub ich nicht darin, dass jetzt die Energie denen nicht zu Verfügung steht, sondern dass sie kein Geld haben, diese zu kaufen." (Keller - drs)Aber sie müssen, falls sie diesen Wohlstand anstreben, längerfristig, wie wir auch, auf andere Technologien umsatteln und dass sie diese neuen Technologien nun gleich zu Hand hätten, davon kann ja keine Rede sein. [Scholz] Für mich ist es schwer vorstellbar, dass alle acht, neun Milliarden Menschen, die wir gegenwärtig haben und die sechs, sieben, die noch dazu kommen werden, in der gleichen Energieintensität leben, wie wir heute in der Schweiz. Es wird eine Veränderung von Mobilitätskulturen geben. Es wird eine Veränderung von Lebenskulturen geben müssen, wenn hier eine Stabilität und aus ethischen Gesichtspunkten auch eine gewisse Verteilungsgerechtigkeit auf der Welt realisiert werden soll. Diese fundamentalen Veränderungen werden heute in den Anfängen diskutiert. Was dort in der Menschheit zu verändern ist, dass sie als gesamtes in einer Welt mit wenig Kriegen, mit einer Welt mit akzeptablen Verteilungsunterschieden leben kann, das ist glaub ich noch ausserhalb dessen, was wir auch in der Lage sind zu vestehen. Aber wir sind gezwungen, dort in einen Lernprozess hineinzugehen." Dazu ecoglobe: Der "Club of Rome" zeichnete 1972 verantwortlich für das bei Wirtschaft und Ökonomen verhasste Buch "Die Grenzen des Wachstums", von Meadows, Randers und Meadows. Spricht man mit jüngeren Leuten über den "Club of Rome", muss man zumeist zuerst erklären, worum es sich handelte. Das Buch stellte das Wirtschaftswachstum in Frage und prophezeihte Ressourcenknappheiten. Der heutige Club of Rome, mit einem Büro in Hamburg, spielt keine Rolle mehr und hat sich überhaupt an das gängige Wachstumsmodell angepasst. Die Verfasser des Buches veröffentlichten eine Neubearbeitung in 1993, worin sie einige Rechnungsfehler berichtigten aber sonst feststellen mussten, dass die Lage schlimmer ist als in 1972. Das ist ja auch leicht zu verstehen, weill die Erde gleich gross blieb aber die menschheit um % und der Prokopfverbrauch um ein vielfaches gewachsen war. Und dieser Trend ist bis heute ungebrochen, sträflicherweise. Die heute regierenden beziehen sich immer wieder mit Vorliebe auf den "Club of Rome", wenn sie von den heiklen Theman ablenken wollen und sagen, dass die vorausgesagte Katastrophe nicht eingetroffen sei und man deswegen ruhig weiterwachsen und schlafen können. Vergleiche The "Club of Rome" - so what?. ![]() "Faktor vier" ist unseres Erachtens ein unwissenschaftliches Machwerk, worin mit einigen technischen Fallbespielen jongliert wurde. Versäumt wurde, zu erklären, warum wir denn überhaupt noch den doppelten Wohlstand bräuchten. Sein Wuppertalinstitutskollege Schmid-Bleek trieb es noch wilder mit seinem Faktor Zehn-Club. Leider werden diese Ideen noch heute als "Lösungen" in offiziellen Behördenberichten in Deutschland gehandelt. Durch effizienteren Materialverbrauch vier mal weniger Rohstoffe verwenden mag in einzelnen Produktionsprozessen gelingen. Aber verallgemeinern kann man das ganz sicher nicht, bei den allermeisten Dingen des täglichen Gebrauchs. ![]() "Kollaps" mag den Untergang vergangener Zivilisationen korrekt beschreiben. Aber der Romanschriftsteller Diamond verkommt völlig, wenn er auf "Lösungen" für die heutigen Probleme hinweist. Da ist er genau so naiv wie Al Gore in der letzten fünf Minuten seines sonst ausgezeichneten Dokumentarfilms "Eine unbequeme Wahrheit" über den Klimawandel. Die vorgeschlagenen massnahmen sind Tropfen auf einen heissen Stein oder aber sogar kontraproduktiv, wie das unglückliche Kyotoprotokoll mit seinen Mechanismen, welche die Treibhausgasausstösse im Endeffekt vergrössern. ![]() "Wasserstoff" sollte man besser vergessen. Wie bei Biotreibstoffen ist die Technik fragwürdig und sind die Kapazitäten sicherlich nicht vorhanden um den heutigen Verbrauch zu decken. Die Zeit des Privatautos wird bald gezählt sein. Wenn die Öl- und Erdgasextraktion sinkt, werden die restlichen fossilen Brenstoffe und allfällige Ersatzenergien für andere Zwecke gebraucht. Wohl oder übel werden wir unsere Gesellschaften restrukturieren müssen und wieder dort arbeiten wo wir wohnen. Langsam, lokal und manuel werden wir leben, wenn wir überleben. ![]() Helmut Lubbers ... 25 März 2007 |