Zentimeter um Zentimeter: Die Gletscher schmelzen
Klimawandel und Gletscherschwund: Tiefe Furchen im ewigen Eis.
Der Sommer 2003 mit seinen Rekordtemperaturen war der wärmste seit 500 Jahren. Die Folgen sind vor allem in den Alpen zu spüren: Die Gletscher schrumpften, der sogenannte Permafrost taute auf und verursachte Felsstürze. Bis sich die Natur vom «Jahrhundertsommer» erholt hat, dürfte es Jahrzehnte dauern. (DRS1)
Wilfried Heberli, Professor an der Universität Zürich und international einer der führernden Permafrostforscher, spricht von einer Zäsur. "Einen solchen Sommer hat es historisch nicht gegeben und das wirft ein Licht auf das, was sich in den nächsten Jahrzehnten abspielen könnte." Die hohen Temperaturen bringen Gletscher zum Schmelzen und tauen den stabilisierenden Permafrost auf, der das Gebirge im innersten Zusammenhält. Felsabbrüche wie am Matterhorn sind zwar besonders spektakulär, gehören jedoch zum Alltag, wie Hans-Rudolf Keusen vom Büro Geotest beobachtet hat. "Man hat allgemein eine Häufung von Felsstürzen beobachtet, insbesondere aus grossen Höhen, also oberhalb 3000 Meter über Meer." Die Temperaturen waren im Sommer 2003 so hoch, dass Felsstürze und Steinschlag vermehrt in schattig gelegenen Nordflanken zu beobachten waren, Tendenz zunehmend. Wilfried Haeberli glaubt nicht an eine Erholung in absehbarer Zeit. "Wir müssten schon ein halbes Jahrhundert mit kälteren Temperaturen haben, damit sich die Situation wieder stabilisiert." Der Trend bereitet Fachleuten grosse Sorgen. Lokal unstabile Zonen lassen sich höchstens punktuell mit Verankerungen, Netzen oder baulichen Schutzmassnahmen sichern. Technisch aber lässt sich die globale Entwicklung kaum stoppen, ist Wilfried Haeberli überzeugt. "Die Vorgänge haben eine Dimension, räumlich und zeitlich, die sich technischen Massnahmen praktisch vollständig entzieht. Man kann eine Schutzdecke über einen winzigen Teil eines Gletschers ziehen aber man kann das Schmelzen der Gletscher oder die Aufwärmung des Permafrostes nicht grossräumig verhindern." Der Alpenraum ist verletzlich und besonders anfällig für den Klimawandel und die Zukunft sieht düster aus. Der Hitzesommer 2003 war ein Extremereignis aber nach Ansicht von Jürg Luterbacher vom geographischen Institut an der Universität Bern sind weitere absehbar. "Durch das, was die Klimamodelle zeigen, erwarten wir, dass es inerhalb des 21. Jahrhunderts vermehrt zu solchen Hitzesommern kommt. Die ETH-Forscher gehen eigentlich davon aus, das am Ende des 21. Jahrhunderts jeder zweite Sommer so heiss gewesen ist oder noch heisser als 2003. Der Klimawandel der letzten Jahrzehnte ist von Mneschen verursacht. Das Rezept gegen die schleichende Katastrophe scheint auf der Hand zu liegen: Der Ausstoss von CO2 und anderen Treinhausgasen muss drastisch reduziert werden. Christoph Schär, Klimaforscher an der ETH Zürich, nennt Zahlen. "Wir rechnen damit, dass die Industrieländer sich in den nächsten 50 bis 100 Jahren einschränken sollten in einem Ausmass, wo die Emissionen 30 bis 50 Prozent reduziert werden." Inzwischen wird der Permafrost wohl noch stärker auftauen, werden die Gletscher noch mehr schrumpfen und die Alpen weiter bröckeln. Quelle: Remi Bütler, Echo der Zeit, 10.7.2005, 2:42) (Transkription Helmut Lubbers) Hier wird Klartext gesprochen, in Sachen Gefahren. Aber, die notwendigen Massnahmen werden weit unterschätzt bzw. deren Auswirkung überschätzt. Es braucht weit mehr als 30 bis 50 Prozent Reduktion der Emissionen. Es muss nämlich davon ausgegangen werden, dass die CO2-Gase für immer in der Atmosphäre bleiben, weil die Umweltbedingungen von damals, vor 65 Millionen Jahren, als die fossilen Energieträger abgelagert wurden, nicht mehr vorherrschen. Der Klimawandel ist also gar nicht zu stoppen, wie ich bereits Anfang der 90er Jahre aus dem Mund vom deutschen Klimaforscher Hermann Flohn hören musste. ![]()
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