![]() Abschrift der Radiosendung vom 2.2.2009, mit wissenschaftlichen Anmerkungen von ecoglobe [eg:] DRS Tagesgespräch 20.2.2009 Ernst-Ulrich von Weiszäcker. Er ist der Umweltwissenschaftler in der Familie mit dem klingendem Namen. Tagesgespräch im Ersten und Vierten, nach einem Blick auf die Themen des Mittags. Susanne Schmucke. Die Turbulenzen rundum die Grossbank UBS haben Auswirkungen auf deren Aktien. Der Kurs sackte am Morgen um zehn Prozent und stand am Vormittag um zeitweise 17 Prozent tiefer als gesternabend. Der Bund will dieses Jahr gut zwei Milliarden Franken für den Strassenbau ausgeben. Knapp die Hälfte wird in neue Strassen investiert. Mit gut einer Milliarde werden angefangene Abschnitte fertiggestellt. Der schwer angeschlagene US-Konzern General Motors will sein Tochterunternehmen SAAB abstossen und hat nun die Zahlungsunfähigkeit für SAAB erklärt. Nach dem Unentschieden bei den israelischen Parlamentswahlen hat Staatspräsident Perez Benjamin Netanjahu vom rechten Likud beauftragt, die Regierung zu bilden. Der Ultranationalist Avido Liebermann hatte Netanjahu zuvor seine Unterstützung zugesagt. Verkehrsinformation DRS von 13:02 Uhr Im Tessin ist auf der A2 der Piumonia-Tunnel zwischen Quinto und Faido wegen eines Feueralarms in beiden Richtungen gesperrt. Das Tagesgespräch.Susanne Brunner [SB] Irgendjemand hat einmal ausgerechnet, dass ein Erdbeerjogurt ungefähr 8000 Kilometer reist bis es in Europa auf den Tisch kommt. Ernst von Weizsäcker, Sie waren gestern noch in Nairobi, heutemorgen in Zürich, jetzt ein Vortrag am Naturkongress in Basel - kommen Sie sich nicht vor, manchmal, wie dieses Erdebeerjogurt? Ernst-Ulrich von Weizsäcker [EW] Das ist eine sehr gute Frage. Diese wunderbare Jogurtstudie von Stefanie Böge vom Wuppertalinstitut, inzwischen lebt sie in Kassel, hat tatsächlich dramatisch deutlich gemacht, dass wir viel zu viel Verkehr einsetzen für unwichtige Dinge. [eg: Das Jogurt soll also "unwichtig" sein? Wird hier bereits, wieder einmal, dem Konsumenten der Schuld angelastet? Sind es nicht eher die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die dazu führen, dass die Kostenfaktoren immer den Vorrang haben und das "unwichtige" Jogurt so hergestellt, dass es am billigsten wird? Abgesehen vom Benzinpreis stellt doch die Gemeinschaft die ganze Infrastruktur den Betrieben zu Verfügung, geleitet von der Ideologie der grenzenlose freien Mobilität? Die Teilnahme an einem Kongress in Nairobi ist dafür unheimlich wichtig, weil sie Ansehen verschafft, obwohl man dort das Gegenteil fördert von dem was die Menschen brauchen, nämlich Wachstum anstelle von Schrumpfung des Ressourcenverbrauchs.] [EW] Es gibt manchmal Dinge, die man wichtig findet, wie zum Beispiel Teilnahme an dem Weltumweltministerkongress in Nairobi, wo ich auf einem Panel mit dem deutschen und der holländischen UmweltministerIn sass und wo in einem "said ievänt" [side event = Nebenveranstaltung] eine sehr wichtige politische Frage der Abkoppelung des Wohlstands vom Naturverbrauch behandelt wurde. Und ich habe schon vor einem Jahr dem Daniel Wiener zugesagt, dass ich am 19. Februar in Basel sein würde und das geht absolut nur mit dem Flugzeug. [eg: Diese "Abkoppelung des Wohlstands vom Naturverbrauch" ist ein Phantom. Es ist dasselbe wie das Immaterielle Wachstum jener, die immer noch nicht verstanden haben, dass alles Wachstum materiell ist und ebendieses Wachstum unseren Kurs in Richtung Untergang beschleunigt, weil am Ende die Ressourcen unwiederbringlich fehlen werden.] [SB] Also es gibt menschliche Begegnungen, die stuft man als wichtig ein, nimmt das in Kauf. Bei einem Erdbeerjogurt wäre das eigentlich nicht nötig. [EW] Ja man kann Erdbeerjogurt ohne weiteres so herstellen, dass die Durchschnittsentfernung für die Zulieferer hätte nur in der Gegend von tausend Kilometer statt achttausend ist.
[eg: Das "ohne weiteres" ist eine blosse Behauptung, ohne Substanz. Es braucht sehr, sehr viel um die Rahmenbedingungen so zu verändern, dass ein Jogurt wieder in etwa dort produziert wird wo man/frau es isst. Der Unterschied zwischen achttausend und eintausend tönt zwar gross, ist jedoch kein wesentlicher Unterschied im System. Tausend Kilometer sind immer noch 990 Kilometer zu viel an Energie- und Ressourcenverbrauch, an Arbeitskraft- und Zeitverschwendung. Gewinner ist die sogenannt freie Marktwirtschaft. Verlierer sind alle: Mensch und Umwelt.] [SB] Auch das hört sich noch nach viel an aber dem gehen wir noch nach. Ernst von Weizsäcker, Sie hatten hier am Naturkongress einen Vortrag und es ging da vor allem um mehr Energieeffizienz. Trotzdem, wir reden immer von Effizienz, wir reden immer darüber, dass wir eigentlich weniger Energie brauchen sollen. Jetzt wenn ich die Zahlen anschaue, wir brauchen immer mehr Energie. [EW] Wir verbrauchen in der Tat immer mehr. Wir bräuchten gar nicht mehr. Der Kern des Vortrags war, dass die höher entwickelten Organismen in der biologischen Evolution gekennzeichnet waren durch immer höhere Energieeffizienz, das heisst geringeren Verbrauch. Die ersten Bakterien in der Ursuppe, als es furchtbar heiss war auf der Erde, haben sehr viel Energie verbraucht. Das ist ein gigantischer Energiedurchsatz. Auch zu Dinosaurierzeit wurde viel zu viel Energie noch verbraucht. Die heutigen höchstentwickelten Organismen - dazu gehört der Mensch - sind erstaunlich energieeffizient. Und ich behaupte, dass unsere Zivilisation noch in einem recht primitiven Dinosaurierzustand ist, wo viel zu viel Energie zum Fenster rausgejagt wird, oder durch die Wände und unsinnige Mobilitätslogistik und vieles andere mehr was man viel, viel eleganter und moderner machen kann. [eg: EW hat recht, dass wir die Energie (und die Ressourcen ganz allgemein) verschleudern. Aber seine Ursuppe- und Dinosaurierbeispiele sind falsch. In der Natur gebraucht ein Wesen immer nur so viel Energie wie es wirklich braucht. Das wir Menschen weit energieeffizienter seien, ist in direktem Widerspruch zur Wirklichkeit. [SB] Jetzt müssen Sie vielleicht erklären für solche die nicht genau wissen, wie denn überhaupt ein Bakterium Energie verbraucht, Strom braucht ja ein Bakterium nicht, oder ein Affe oder ein Krokodil? [EW] Die sogenannte Ursuppe vor sagen wir mal zwei Milliarden Jahren war einfach eine heisse, heisse Erde und mit sehr viel Energiedurchsatz sind damals die aus Molekülen die ersten Organismen entstanden und das waren also Mikroorganismen, die für ihren Stoffwechsel sehr viel Energie gebraucht haben. [SB] Und das wurde immer weniger, im Laufe der Zeit. [EW] Erstens wurde die Erde immer kühler und zweitens haben sich sehr raffinierte Mechanismen der Energieorganisation im Körper, der Energiespeicherung, der effizienten Nutzung und so weiter entwickelt. Und man kann auch sagen, dass die Entwicklung des Gehirns eine Art von Modernisierung und Effizienzverbesserung des Umgangs mit knappen Nahrungsmitteln, knapper Energie war. [eg: Das ist philosophischer Humbug. In der Natur gab es immer ein Gleichgewicht. Nahrung und Energie war nie "knapp" in unserem menschlichen Sinne. Das Gehirn war eine evolutionäre Entwicklung. Das menschliche Gehirn, das im Vergleich zum Körpergewicht sehr viel Energie braucht ist beim Menschen zum "Irrläufer der Evolution" (Arthur Koestler) geworden. Denn unser Menschenhirn hat angefangen, Ideologien zu speichern und sozial zu vererben, welche zu unserem heutigen Umweltnotstand geführt haben: viel zu viele Menschen auf einem viel zu hohem Pro-Kopf-Verbrauchsniveau von Energie und Rohstoffen.] [SB] Warum, machen wir das nicht, als Menschen, wenn wir doch eigentlich dazu fähig sind, weniger Energie zu verbrauchen? [EW]Die Zivilisation des zwanzigsten Jahrhundert war sehr stark geprägt, meistens ohne es zu wissen, von dem Denken des kommunistischen Führers Lenin, der der Meinung war, für eine prosperierende Gesellschaft darf die Energie gar nichts kosten, wir müssen wahnsinnig viel davon produzieren, und auch das Wasser soll nichts kosten, das Brot soll nichts kosten, dann entwickelt sich Zivilisation. Diese leninistische Denken hat sich insbesondere auch in Amerika durchgesetzt wo... [SB] Was fast ein Widerspruch ist wenn man bedenkt Lenin wir ja da nicht gerade verehrt... [EW] Ja, aber, wenn ich mir anschaue, wie man zum Beispiel unter Ronald Reagan zu einer Zeit als die Weltenergiepreise wirklich in den Keller gepurzelt sind und wir Europäer und Japaner völlig selbstverständlich Treibstoffsteuern erhoben haben, da ist das ideologisch abgelehnt worden. Woraufhin dann Detroit eine völlig neue Autoflotte, die sogenannten Sport Utility Vehicles entwickelt hat, die dann gleich alle Effizienzgewinne wieder in den Wind schlugen und so etwas wie 15 bis 20 Liter pro hundert Kilometer brauchen. Und diese Sorte von absolut närrischer Verschwendung entsteht, wenn die Energie nichts kostet. [eg: Hier gerät EW etwas durcheinander. Die Automobilgeschichte zählt hundert Jahre. Die SUVs sind aus der jüngsten Zeit und Folge der Werbung für jenes Produkt, das den Herstellern den grössten Gewinn versprach. Ein Finanzierungsmodell für die Infrastruktur ist politisch bedingt. In den USA wurde das vielleicht mehrheitlich über die Steuergelder und Strassenzölle bezahlt. In Europa wurden die Baukosten zum Teil durch die Treibstoffzölle aufgebracht. Das Ergebnis ist dasselbe: überbordende Mobilität, welche nur so lange währen wird, als es Erdöl gibt und der Klimawandel die Strukturen noch nicht irreparable zerstört.] [SB] Und trotzdem, wenn erst mal eine solche Industrie entstanden ist, wie diese Es Juh Vieh (SUV), wie diese grosse Geländewagenindustrie entstanden ist, dann sagt man, ja wenn die Energie verteuert wird dann kostet das Arbeitsplätze, dann werden Leute arbeitslos und das ist ein Argument, mit dem man in der Krise sowieso nicht durchkommt, wenn man gerade bedenkt, dass eben jetzt die Autoindustrie von dem Untergang gerettet werden soll. [eg: Das ist das obszöne an unserer Politik, dass wir Arbeit dadurch schaffen wollen, dass man noch mehr Strassen und Tunnels usw. baut, obwohl die Ressourcen immer knapper werden und das Ende der billigen Öl- und Gasströme vor der Türe steht. Diese Ankurbelung des Konsums und Ressourcenverschleisses ist in direkten Streit mit der Schweizer Verfassung und der allgemeinen Forderung nach Nachhaltigkeit.] [EW] Man kann umgekehrt argumentieren. Wenn die Amerikaner das gemacht hätten, was Japaner und Europäer selbstverständlich gemacht hätten, dann wäre nicht eine groteske Zersiedelung des Landes eingetreten, mit einer ungefähren Verdoppelung der Pendlerabstände, seit der mittleren 1980er Jahre, dann wären die Immobilienwerte nicht völlig künstlich hochgehalten worden, dann wäre nicht die Krise der sogenannten "subprime mortgages", der nachrangigen Hypotheken eingetreten, dann wäre die ganze Wirtschaftskrise nicht entstanden, wenn man nicht dieses besoffene Verhalten der amerikanischen Kultur mit billigster Energie vorgeführt hätte. Also, ich sage, das besoffene Verhalten, wir brauchen billige Energie, ist die Ursache für die Krise. Denn, die Weltmarktpreise, die haben sich natürlich nicht an dieser Besoffenheit orientiert, sondern daran, dass plötzlich die Chinesen und Inder und andere auch Öl gekauft haben und dann sind auf dem Markt - nicht durch Staatseingriffe - auf dem Markt die Preise hochgegangen. Plötzlich wurden die Hypothekkredite faul und plötzlich hatten wir eine weltweite Finanzkrise. [eg: Erstens beantworte EW die Frage nicht. Zweitens ist seine Finanzkrisentheorie an allen Ecken wacklig. Er behauptet ja, die Kredite seien durch den hohen Ölpreis faul geworden und das ist nicht richtig. Die Pendlerströme und die Zersiedelung haben ebenso in Europa und Japan stattgefunden. Die Hypotheken wurden nicht faul weil das Öl zu teuer wurde. In Tat und Wahrheit sind die Hypothekenverkäufer auf verschieden Arten betrügerisch vorgegangen. Den neuen Hausbesitzern wurde vorgegaukelt, dass der Wert immer weiter steigen würde. Die Leute haben nicht auf die Zinsanpassungsbedingungen geschaut. Die Hypotheken wurden von verantwortungslosen Bankern gebündelt in diesen infamen SIVs (structured Investment Vehicles). So entstanden einerseits diese wertlose Papiere, welch dank Basel-II sogar aus den Bilanzen der Banken ausgelagert werden durften, und anderseits konnte die Leute dann ihre Hypotheken nicht mehr bezahlen, unabhängig vom Ölpreis. Eine solche Blase musste mal platzen, wie der Tulpenzwiebelhandel in Holland vor wenigen Jahrhunderten. ] [SB] Also etwas mehr für das Benzin ausgeben und wir hätten diese Krise nicht, sagen Sie. [EW] So ungefähr. Das ist sehr vereinfacht. Es gab viele andere Gründe noch für die Krise. Aber das ist mit Sicherheit einer der Gründe. [eg: Da widerspricht er sich selbst; macht dadurch seine vorherige Aussage wertlos.] [SB] Gut. Jetzt sind wir in dieser Krise. Jetzt könnte man meinen, jetzt wäre eine Gelegenheit, aus diesen Fehlern zu lernen. Wie jetzt Politiker überzeugen, dass Energie teurer werden soll. [EW] Man soll Energie in sehr kleinen Schritten teurer machen. Mein Vorschlag, den ich insbesondere der chinesischen Regierung unterbreite, die ich ja berate, ist, dass man die Energie verteuert in genau dem Schritttempo, in welchem die Energieeffizienz zunimmt. Wenn also zum Beispiel im Jahr 2007 in China oder in der Schweiz die Flotte der Autos um sagen wir mal anderthalb Prozent effizienter geworden ist, weil sich die Verbraucher vernünftig verhalten, dann darf ohne jeden sozialen Schaden der Benzinpreis im Jahr 2008 anderthalb Prozent höher sein, plus Inflation. Das heisst also, es gibt keine zusätzliche monatliche Belastung und trotzdem ein ganz, ganz starkes und langfristiges Signal an Investoren, an Autokäufer, Autohändler und so weiter, wir werden nur dann ökonomisch gut dastehen, wenn wir an der Spitze der Bewegung der Effizienz sind. Und die Rechung geht dann noch weiter. Plötzlich wird der öffentliche Nahverkehr wieder Investitionen gewinnen, anziehen, weil jeder sich ausrechnen kann, wenn das so mit den Preisen weitergeht, dann kommt vielleicht in acht Jahren oder so der Umschlagpunkt wo die Leute wieder massenweise auf Busse, Bahnen und so weiter umsteigen. Das heisst, dann verändert sich auch das Investitionsverhalten. Also selbst mit einem ganz, ganz lahmen Signal welches fast niemandem wehtut, ausser den Dinosaurierinvestoren, erreicht man einen Paradigmawechsel der Investitionen in Technologie, im Verhalten, in der Infrastrukturplanung und so weiter. [eg: Das ist ein theoretisches Kartenhaus. Wenn es den Leuten nicht wehtut haben sie auch keinen Anreiz um ihr Verhalten zu ändern. Des weitern haben wir aus handfesten Umweltgründen gar keine Zeit, "ganz, ganz langsam" etwas zu machen. Dass "vielleicht in acht Jahren" etwas passiert ist reines Wünschelrutendenken. Wenn Energiepreis und -effizienz sich die Waage halten, wieso soll dann – und erst noch massenweise - auf Bus und Bahn umgestiegen werden? Er unterstellt auch irgendeine nicht genannte Regulierungsbehörde („man“), die den Energiepreis bestimmt. Nur erwähnt er nicht, dass bei dem heutigen politischen und wirtschaftlichen System die Energiepreise aller Voraussicht nach viel schneller als die Energieeffizienz wachsen werden. Nach seiner obigen Theorie hätten wir dann weiterhin eine Krise. Und, wenn sich die chinesische Regierung an seinen Rat hält, muss sie, wenn der Marktpreis für Energie schneller als die Effizienz steigt, die Preise künstlich niedrig halten, mit Subventionen, und er hat doch gesagt, dass die amerikanische Regierung genau das getan hat, un dass sie damit das Land ins Unglück gestürzt hat.] [SB] Also das heisst mit dieser Methode wäre eine Kritik die man oft hört im Zusammenhang mit dem Ruf nach Verteuerung nach Energie ist, dass sich die Armen sich das gar nicht leisten könnten. [EW] Das ist ein sehr berechtigtes Besorgnis und meine Antwort darauf ist, so langsam zu machen, wie im Durchschnitt die volkswirtschaftliche Effizienz zugenommen hat. Da beteiligen sich natürlich auch die Armen daran. Die schauen ja viel mehr aufs Geld als die Reichen würde man annehmen und sind von daher vermutlich eher die frühesten als die spätesten, die es nutzen, dass man inzwischen effizienter sein kann. [eg: Gleicher Logikfehler wie bei der Ursuppe: die Autoflotte (die Instrumente) werden durch das Verhalten der Menschen nicht effizienter. Wenn die Effizienz allgemein zunimmt, gibt es keine Anreize zur Änderung. Diese Effizienz-Idee ist die grosse Hoffnung der Weiterwiebisherigen. Stephan Schmidheyni schrieb 1992 "Changing Course" über das gleiche Thema. Aber es betrifft immer Effizienzsteigerungen in einem Produktionsprozess, wo die Hersteller von sich aus Interesse daran haben. Nur, die Effizienz lässt sich in vielen Bereichen gar nicht mehr steigern, ohne dass man den Gegenstand in seiner Qualität ändert. [SB] Jetzt trotzdem, viele denken, Ernst von Weizsäcker, die Bevölkerung wächst, die Bedürfnisse wachsen, der Konsum wächst, also auch wenn wir effizienter werden, wir werden trotzdem immer mehr Energie verbrauchen, einfach weil mehr Menschen immer mehr Bedürfnisse haben. [eg: Das ist schon die richtige Frage, nicht nur in Bezug auf Energie sondern auf alle Ressourcen, Land, Wasser, Klima, Nahrung, Urwälder, Fische, Umweltvergiftung)] [EW] Es ist völlig richtig, dass mehr Menschen erst mal mehr Energie verbrauchen. Aber die Effizienzrevolution im Umgang mit der Energie steht im Grunde erst am Anfang. [eg: Das ist doppelt falsch. Gerade weil diese "Effizientrevolution erst am Anfang steht" muss man auch beim Bevölkerungswachstum etwas machen, sowie bei der Zunahme des Prokopfverbrauchs, das ja durch die Wachstumspolitik gefördert wird. Herrn EW fehlt, wie den meisten des Führungseliten, den Mut, die Bevökerungsfrage în die Überlegungen einzubeziehen. Nun spricht EW von Revolution, vorher sprach er von 1,5 %, und man solle langsam machen, also er sollte sich entscheiden.] [EW] Ich gebe dazu erst einmal ein kleines Rechenbeispiel. Man kann ausrechnen, wieviele Kilowattstunden man benötigt, um einen zehn Kilogramm schweren Rucksack von Meereshöhe, sagen wir einmal, auf den Gipfel des Matterhorns zu tragen. Was wäre so die normale Schätzung? Nun da sagen die Leute vielleicht 100 Kilowattstunden, vielleicht 200 Kilowattstunden, und so weiter. Tatsache ist, dass man das mit ungefähr einer Zehntel Kilowattstunde machen kann. Das heisst also, man könnte diesen Rucksack zehnmal da noch oben bringen und damit ist schlaglichtartig angedeutet, dass wir aus einer Kilowattstunde lächerlich wenig Wohlstand, Komfort herausholen.] [eg:Man braucht ungefähr 0,14 kWh:
Die Lastwagen alleine (ohne Züge, Autos, Flugzeuge, ...) und nur für die verlustfreie Überwindung der Höhendifferenz, ohne die mehrfache Beschleunigung und den Fahrwiderstand, brauchen schon das Äquivalent von 1/10 Kernkraftwerk, oder für ganz Europa geschätzt 5 Kernkraftwerke. Es ist also Augenwischerei wenn man von einem 10 kg Rucksack zum Matterhorn spricht!]
[EW] Wir verschwenden sie. Warum? Weil sie nichts kostet. Und wenn sich aber alle an diese Verschwendung gewöhnt haben, dann drückt man immer gern auf diese soziale Tränendrüse und sagt O das kann sich aber niemand mehr leisten wenn die Energie teurer wird. Ja. Wir müssen eben eine langsame Umsteuerung machen, wie ich vorgeschlagen habe und zwar sowohl in China, wie in Europa, wie in Amerika, dann haben wir eine sehr gute Chance, auch mit acht oder sogar neun Milliarden Menschen mit einem sehr geringen Energiequantum auszukommen und zwar sehr komfortabel. [eg: Herr EW hat den Überblick nicht und er vertraut völlig auf die Technik. Er berücksichtigt die Dringlichkeit bzw. Geschwindigkeit nicht, mit der wir die Ressourcen aufbrauchen. Er vergisst die Erschöpfung vieler Ressourcen, inklusive Öl und Erdgas, Süsswasser, Artenvielfalt, Raum, Fruchtbarkeit der Böden, letzteres auch ohne Klimawandel, und so weiter. EW ist ein Technoopimist der gefährlichsten Art. Acht oder neun Milliarden Menschen wird die Erde nie erreichen weil vorher wichtige Ressourcen so knapp werden, dass die Sterberaten die Geburten übertreffen werden, wegen Hunger, Krankheit und Krieg. Bei der heutigen Entwicklung, das heisst Wirtschaftswachstum, sprich Umweltverbrauch, und Bevölkerungswachstum scheint dieses Ergebnis unausweichlich.] [SB] Jetzt mal auf die Globalisierung übertragen oder auf dieses Erdbeerjogurt, das ich am Anfang erwähnt habe. Also eigentlich müsste man diesen Jogurt verbieten, zu reisen. Wir müssten sagen, wir produzieren die Erdbeeren in der Nähe, wir haben diese Fabrik die dieses Jogurt macht auch in der Nähe und wir brauchen eigentlich den Lastwagentransport nicht mehr so. Also einfach wieder lokal...] [EW] Ja das wäre sozusagen die staatsinterventionistische Form. Man kann natürlich eine Erdbeerjogurttransportintensitätsbegrenzungsverordnung machen oder irgendsoetwas. Das wäre ein bürokratischer Wasserkopf und schrecklich und alle Leute würden sagen, der Staat soll sich da nicht einmischen. Demgegenüber ist das sanft ansteigende Preissignal ungeheuer vernünftig. Dann werden die Molkereien sich wieder stärker dezentralisieren, dann wird man versuchen lokale Erdbeeren, lokale Aluminiumdeckel und was nicht alles, oder Ersatz für Aluminiumdeckel zu finden. Dann entsteht wieder rentabel eine relativ verkehrsextensive Molkereiwirtschaft. [eg: Das ist reine Demagogie. Der Staat, das sind wir, die BürgerInnen. Wir können demokratisch vieles entscheiden, was den Ideologen des sogenannt "freien Marktes" nicht passt. Aber auch EWs "langsam, langsam steigende Energiepreisen" müssten verordnet werden, vom Staat und nicht vom Markt. Das "irgendsoetwas" disqualifiziert von vornherein und unbesehen alle Ideen, die mündige BürgerInnen haben könnten. Viele Leute würden "ja" sagen, "wir müssen uns etwas besseres einfallen lassen". Der schreckliche Wasserkopf existiert in der Gedankenwelt EWs, gemäss seinen Ausführungsideen. Er hat sich, so scheint es, der Ideologie seines jetzigen Gastlandes angepasst, um in Berkeley 18- bis 22-jährige "Faktor Vier" zu unterrichten. EW hat nie erklärt nicht, wieso wir denn überrhaupt den Wohlstand noch um einen Faktor zwei steigern sollen, bei halbierten Naturverbrauch.] [SB] Wäre eigentlich die Chance jetzt in der Krise? [EW] Absolut. Das ist sehr vernünftig. In Nairobi haben die Weltumweltminister besprochen, einen Global Green New Deal - ein Grünen der Weltwirtschaft mit dem Zweck, erstens die Wirtschaftsflaute zu überwinden und damit auch gleichzeitig sehr viel mehr Arbeitsplätze wieder zu schaffen und zweitens die drohenden Klimagefahren und anderen ökologischen Gefahren abzuwenden. Das heisst also, das ist sehr wohl eine der besten Chancen, um aus der nicht etwa von Umweltschützern sondern von verrückten Energieverbrauchern verschuldeten Energiekrise wieder herauszukommen - also Wirtschaftskrise wieder herauszukommen.] [eg: Herr E.-U. von Weizäcker träumt. So lange die Regierenden auf Wachstum setzen ist ein "Global Green New Deal" reiner Unsinn. Arbeitsplätze bedeuten nach dem vorherrschenden Modell den weiteren Abbau von nichterneuerbaren Rohstoffe. Und das allermeiste was von der GWÖP (Gemeinschaft von WirtschaftsführerInnen, der Disziplin der Ökonomie und der PolitikerInnen) mit "gün" bezeichnet wird ist in Wirklichkeit weiter-wie-bisher, oder sogar kontraproduktiv, wie der Kyoto-Aktivismus.] [SB] Ernst von Weizsäcker, sie haben 1995 das Buch geschrieben "Faktor Vier". Und da ging es eigentlich ums Prinzip, doppelter Wohlstand, halbierter Naturverbrauch. Es gibt immer wieder Leute, die sagen, also, den Wohlstand in dieser Form, den müssen wir auch mit Energieeffizienz müssen wir vergessen. Den Gürtel enger schnallen müssen wir, wir müssen weniger verbrauchen, so oder so. Anders geht das gar nicht. [EW] Es ist sicher richtig, dass die Wochenendausflüge nach Teneriffa überflüssig sind. Und an solchen Stellen ist ein gewisses Verzichten durchaus zumutbar. Trotzdem sage ich mir, der Staat soll nicht versuchen auf dem Verordnungswege solchen Verzicht durchzusetzen mit Verbotsschildern, sondern wiederum mit einem sanft ansteigenden Marktsignal kann man dafür sorgen, dass mehr und mehr Leute ihren Luxus ihren Komfort ihr Vergnügen finden in sehr viel weniger energieverbrauchenden oder sonst rohstoffverbrauchenden Lebensweisen. Dazu gehört dann auch die Wochenendgestaltung und am entdeckt dann wieder, dass zum Beispiel das gemeinsame Kochen viel lustiger viel schmackhafter ist als die Kombination von Macdonalds und Tenerifa. [eg: Das ist EWs neoklassische Marktheorie und seine eingeengte Meinung über mögliche Massnahmen. Tenerifa und Macdonalds kann für viele Leute viel lustiger bleiben als des EWs Kochideen. Schon Bundesrat Ogi hatte "gemeinsames Baden in einer Badewanne" vorgeschlagen, statt grundsätzlicher Gedanken. Aber im Grundsatz hat er recht, das Beispiel ist fragwürdig. Vergleiche Lebenseffizienz, weiter oben [SB] Jetzt ist es ja wahrscheinlich einfach ziemlich menschlich, das möglicherweise ein Klimakollaps der in Hundert oder tausend Jahren passiert, möglicherweise Klimawandelfolgen, die irgendwie viel weiter weg passieren als vor meiner Haustür, das es schwierig ist, Menschen dann wirklich zu einem anderen Verhalten zu bewegen weil das einfach zu weit weg ist, im Bewusstsein? [EW] Es ist weit weg. Es rückt aber näher. Es fand letzte Woche in Chicago eine Konferenz statt, an welcher festgestellt wurde, dass die ganzen Prozesse mindestens doppelt so schnell gehen als wir bisher befürchtet hatten und wenn ich den Umweltminister oder den für Umwelt zuständigen Minister der Insel Malediven richtig verstanden habe - er hat dort in Nairobi ebenfalls das Wort ergriffen - der sagte ja, die Malediven werden von der Landkarte verschwinden. Wenn Grönland abschmilzt und die Geschwindigkeit mit der gegenwärtig das grönländische Eis ins Meer rutscht hat sich gewaltig erhöht, das heisst also für die ist das eine heutige Sorge und so hohe Deiche können die gar nicht bauen. Trotzdem haben Sie völlig recht. Für viele Menschen in der Schweiz ist die Klimaveränderung doch sehr weit weg, zumal wenn man so kalte Tage erlebt wie jetzt, da denkt man gar nicht daran, dass es zu warm geworden wäre. Und deswegen kann man mit Angst alleine den Paradigmenwechsel sicher nicht herbeiführen. Man muss gleichzeitig Angebote entwickeln, wie man klimaschonend grossen Wohlstand viel Lebensfreude sogar Luxus haben kann. [eg: Das ist beste neokonservative Ideologie und gefährlicher, verantwortungsloser Zweckoptimismus, fern der Umweltrealität. EW sieht nur Angst oder Markt und die beschränkten Ressourcenvorräte auf dieser Erde könnten durch Energieeffizientz gestreckt werden, obwohl unklar, wie lange oder wie weit. Dass man vielleicht die verhängnisvolle Entwicklung mit Intelligenz darstellen kann und die realen Lösungsmöglichkeiten besprechen muss, das kommt ihm nicht in den Sinn. Und nun sagt er, alles ginge viel schneller als gedacht, und vorher sagte er immer, man müsse langsam, langsam Massnahmen ergreifen.] [SB] Ernst von Weizsäcker, in all den Jahren, in denen Sie sich mit diesem befassen. darüber schreiben, darüber reden, haben Sie das Gefühl, Sie werden inzwischen gehört? [EW] Ja sicher. Also die Chinesen, viele von denen die ich begegne haben Faktor Vier gelesen und ich bin jetzt gerade dabei, noch Faktor Fünf zu schreiben, wo einiges doch noch ehrgeiziger formuliert wird, wo es vor allem nicht um Einzeltechnologien sondern um Systemverbesserungen geht...] [SB] Also Industrie zum Beispiel... [EW] Ja ja, doch doch, die Industrie hat das kräftig mit aufgegriffen. Der Siemens-Konzern sieht das als eine Art der Leitlinie an. Auch General Electric in Amerika ist sehr daran interessiert. Oder WallMart, der grosse Einzelhandel, der versucht seine ganze Zuliefererkette energieeffizienter und umweltschonender zu machen. Also es hat sich doch einiges getan. In der Schweiz und in Deutschland gibt es als Standard das Minergiehaus und das Passivhaus, das nur etwa noch ein Zehntel der Energie verbraucht. Also manches hat sich durchaus verbessert. Aber es ist immer noch mehr oder weniger verstreut die erfolge und die grossen Erfolge bleiben noch aus weil die Politik noch nicht wirklich mitgegangen ist. [SB] Heutemorgen am Naturkongress hat der erste Redner gesagt jetzt gerät die Umwelt möglicherweise eben doch wieder stärker unter Druck wegen der Krise. [EW] Das ist richtig. Philippe Roch hat sehr richtig gesagt, dass die Gefahr besteht, dass die Leute wegen ihrer Besorgnisse um Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum das Thema Umwelt wieder vergessen. Dem hat also die Umweltorganisation der vereinten Nationen mit diesem Global Green New Deal versucht zu antworten, nämlich dass man über die Wirtschaftskrise viel leichter hinwegkommt, wenn man das Thema Umwelt wirklich ernst nimmt. [eg: Die UNEP, mit Hauptsitz in Nairobi, unter der Führung von Achim Steiner, glaubt voll und ganz an Wachstum. Unter solch einer Fahne geht die Menschheit erst noch schneller auf eine Endzeit von Rohstoffkriegen und Chaos zu. Umwelt und Wirtschaftswachstum ist die Quadratur des Kreises, der Stein des Weisen, die grösste Täuschung die wir Menschen uns von den Scheinwissenschaftlern vorgaukeln lassen.] [SB] Noch eine letzte Frage hat es da. 1997 haben Sie einmal in einem Interview gesagt, Sie hätten Angst vor Krieg weil eigentlich jeder gegen die Einigung Europas schimpft und man könnte dieselben Fehler machen, wie im neunzehnten/zwanzigsten Jahrhundert. Für viele Menschen ist ja Umweltschutz das kleinste unmittelbare Problem, wenn man nicht gerade vielleicht auf den Malediven lebt. Also Kriege, Krankheiten, Arbeitslosigkeit, die Armut sind schlimmer. Wie erreicht man die? [EW] Ich weiss nicht genau in welchem Zusammenhang ich das gesagt habe. Ich habe immer mal wieder gesagt, dass die Überwindung des Krieges in Europa insbesondere durch die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft [EWG], dann Gemeinschaft, jetzt Europäische Union die grösste zivilisatorische Leistung Europas im zwanzigsten Jahrhundert war. Das ist ganz fantastisch. Aber die gleiche Europäische Union hat den Umweltschutz inzwischen zu einem Bestandteil ihtrer Politik gemacht und die Länder wie Polen und Rumänien hätten gar nicht beitreten dürfen wenn sie nicht die hohen ehrgeizigen Umweltstandards der Europäischen Union akzeptiert hätten. [SB] Und die werden aufrechtgehalten, denken Sie, jetzt auch in der Krise. [EW] Ja die werden weiter verbessert und Europa spielt eine führende Rolle bei den Vorverhandlungen für den Kopenhagener Klimagipfel im Dezember 2009 und versucht die Amerikaner, die Australier, die Japaner, und auch die Chinesen und Inder aufs Boot zu holen mit Vorschlägen, bei denen aber die Europäer als Vorreiter dienen. Und das hat der europäischen Wirtschaft bisher noch überhaupt nicht geschadet. [SB] Ernst von Weiszäcker, ganz herzlichen dank für dieses Gespräch. [DRS] Tagesgespräch mit Ernst-Ulrich von Weiszäcker. Der renommierte Umweltwissenschaftler war Gastredner am vierten Naturkongress in Basel. Umweltwissen mit 120 Ausstellern wird hier in der Messehalle vier noch bis Sonntag vermittelt. Details auf natur.ch. Das waren die Mittagsinformationen von Radio DRS. [Ende vom Transkript.] ![]() ecglobe.ch & ecoglobe.org ![]() Helmut Lubbers Wissenschaftlicher Mitarbeiter: Reinhard Christeller |