ecostory 16-2007
Wachstum als Thema im Schweizer Fernsehen

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Brief an das Schweizer Fernsehen, Zürich

Genf, 9 März 2007

Sehr geehrter Herr ...,

ich danke für Ihre Zuschrift vom 19.2.07. Bei meiner Post vom 3. Februar ging es um Wachstum. Mein Anliegen ist, dass das Fernsehen sich diesem Thema zuwendet. Leider hat nur das Klima "Hochkonjunktur", obwohl es nur als Teilaspekt des grösseren ganzen der Zerstörung unserer Lebensgrundlagen interessiert. Weit wichtiger ist die grundlegende Frage des Wirtschaftswachstums.

Das Problem ist im Grunde einfach. Nur wagt sich niemand dran. Wirtschaftliche Expansion ("Wachstum") führt immer und unvermeidbar zu einer Erhöhung des Verbrauchs an Land und vorwiegend nichterneuerbaren Rohstoffen. Die Schweiz wird jedoch nicht grösser. Auch der Energieverbrauch und die Treibhausgasemissionen steigen ungefähr gleichlaufend zum Wachstum des BIP. Qualitatives Wachstum und ähnliche Modelle sind davon nicht ausgeschlossen. Wirtschaftswachstum ist auch für den Umweltschutz nicht nötig, wie oft behauptet wird. Im Gegenteil, es macht die Umweltschutzanstrengungen zunichte. Die meisten Wirtschaftstheoretiker wollen diese Tasachen nicht wahrhaben.

Wachstum wird fast automatisch mir Wohlergehen und Arbeitsplätzen gleichgesetzt und deswegen begrüsst. Es steht jedoch auch in direktem Widerspruch zum Verfassungsgebot der Nachhaltigkeit (BV Art 2.2 & 73). Im Radio hörte ich neulich, man könne Menschen, die auf die Lockmails mit Millionenangeboten aus Nigeria hereinfallen, nicht durch gutes Zureden helfen, sondern nur durch kräftiges Durchschütteln und lautes Anschreien. Ich fragte mich dann, ob dies vielleicht auch bei der Frage des Wirtschaftswachstums der Fall sein könnte. Würde es helfen, wenn man einem Wachstumsgläubigen direkt ins Gesicht schreien würde, "Sind Sie überhaupt ganz bei Trost?" "Wie kann man überhaupt glauben, die Erde sei endlos und man solle und könne immer weiterwachsen?"?

Trotz Psychologiestudium und langer Erfahrung weiss ich noch nicht, wie man damit umgehen soll. Die Erde ist weit überbelastet. Alle Umwelt- und Rostofftrends sind negativ. Die Erde bleibt gleich gross und wird wegen des Bevölkerungswachstums sogar relativ kleiner. Und dennoch sollen wir weiterwachsen. Wo bleibt da die Logik? Wachstum ist ein Tabuthema. Aber auf einer bereits überbelasteten Erde ist Wirtschaftswachstum als gesellschaftspolitisches Ziel im Grunde ein Selbstmordprogramm. Das ist kein Pessimismus sondern eine rein wissenschaftliche Schlussfolgerung.

Anbei finden Sie meinen vorherigen Brief, mit darin einigen Hervorhebungen zertraler Aussagen. Bei Fragen stehe ich gerne zu Ihrer Verfügung.

Ich freue mich, wenn sie die Fragwürdigkeit des Wachstums als Thema im Fernsehen aufgreifen und ich danke für Ihre Rückäusserung.

Mit freundlichen Grüssen,

Helmut Lubbers


Beilagen
cc: Frau Ingrid Deltenre
  • Brief an ECHO und SF "Klimawandel hat Konjonktur"
  • Brief an die KOF wegen des sog."Qualitatitiven Wachstums" und der Effizienzsteigerung

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