Saufen bis zum Umfallenvon Christian Esser, Mia Raben, Katja Sodomann, Ulrich Stoll, 01.06.2004 Frontal 21 ZDF www.zdf.deAlkoholismus bei jungen Mädchen Besonders Mädchen spricht der süße Geschmack von Alcopops an. ![]() Vor allem Mädchen zwischen 15 und 19 Jahren greifen immer öfter zur Flasche. Die Zahl derjenigen, die im Krankenhaus behandelt werden müssen, hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdreifacht.
Bis zum Vollrausch Als Einstiegsdroge Alcopops und später folgt Härteres. Immer früher greifen Jugendliche zum Alkohol, oft bis zum Vollrausch. Mit 14 Jahren war jeder Zweite schon einmal so richtig besoffen. Den ersten Vollrausch hatten auch Carl und sein Freunde mit 14 Jahren. Die Berliner Jungen warteten auf eine S-Bahn, um zu einer Party zu fahren. Schon auf dem Bahnsteig leert Carl eine Flasche Wodka zur Hälfte. Er trinkt auf der Party weiter, bis er zusammenbricht.
Diagnose: Alkoholvergiftung Besoffen sein ist cool ![]() Dr. Ludwig Kraus vom Münchner Institut für Therapieforschung über die Studie: "Im Rahmen dieser Befragung konnten wir feststellen, dass circa 50 Prozent der Jugendlichen schon bis zum 14. Lebensjahr einmal betrunken waren. Bis zum 16. Lebensjahr gaben dann fast 80 Prozent der Jugendlichen an, ein Rauscherlebnis schon gehabt zu haben." Alarmierende Studie Graphik: Klinikaufenthalte nach Alkoholmissbrauch ![]() Wir fragen beim Bundesverband der deutschen Spirituosen-Industrie nach: "Fühlen Sie sich da verantwortlich?" "Eine unmittelbare Verantwortung eines Herstellers für diesen Missbrauch ist nicht vorhanden", so Holger Ziekesch. "Wir fühlen uns in dem Falle nicht dafür schuldig, denn wir verkaufen nicht direkt an die Endverbraucher. Wir verkaufen über den Handel, über die Gastronomie. Das sind unsere Kunden und da müssen sich alle an die Spielregeln auch halten." Alcopops-Konsum hat sich vervierfacht ![]() Der Alcopops-Konsum der Jugendlichen hat sich in nur fünf Jahren vervierfacht. Dabei dürfen sie die süßen Mixgetränke gar nicht kaufen. Vor allem Mädchen, die meist Alkohol wegen des Geschmacks nicht mögen, stehen auf die süße, gefährliche Alternative zu Bier und Schnaps. Das zeigt auch unsere Befragung unter den Jugendlichen: "Was schmeckt Dir daran denn besonders gut?" "Dass das nicht so nach Alkohol schmeckt", so die Antwort. Und weiter: "Das ist halt ein bisschen süßer als Bier und schmeckt nicht so ganz bitter, und es geht leichter runter." Ulrich Zimmermann Süße Einstiegsdroge ![]() Nadine fand mit elf Jahren Geschmack an der süßen Einstiegsdroge. Jetzt, mit 13 Jahren, ist sie in der Suchtklinik gelandet. Davor lagen zwei Jahre voller Parties im Vollrausch. Jedes Wochenende gemeinschaftliches Saufen bis zur Bewusstlosigkeit. Nadines Eltern waren mit ihrer Trennung beschäftigt und bemerkten nicht, dass ihre Tochter kaum noch zur Schule ging. Endstation Suchtklinik Nadine hat mit 13 Jahren bereits eine Alkoholkarriere hinter sich ![]() Zum Alkoholentzug kam Nadine in die Suchtklinik Teen Spirit Island in Hannover. Die Jugendlichen hier sind alkoholkrank, leiden schon an Konzentrationsstörungen. Keiner von ihnen hatte Probleme, an Spiruituosen heranzukommen, die erst ab 18 verkauft werden dürfen. "Einmal habe ich mir zwei Träger Bier geholt, dann zwei Wodkaflaschen, eine Bacardi-Flasche und Saurer Apfel", so Nadine. "Man hat mich auch nie nach dem Ausweis gefragt oder mich doof angeguckt, sondern man hat es einfach nur eingetippt. Dann habe ich Geld hingegeben und bin rausgegangen." Sondersteuer auf Alcoholpops Jugendliche können problemlos Alkohol kaufen ![]() Trotz Verbot: Jugendliche können problemlos auch harte Spirituosen kaufen. Ob eine Sondersteuer die Enstiegsdroge Alcopops für Jugendliche unattraktiv macht, ist mehr als fraglich. Die Spirituosenhersteller setzten weiter auf die süßen Mixgetränke, die Jugendliche schon früh für Alkoholismus anfällig machen. Frontal21 fragt beim Bundesverband nach: "Bedauern Sie es, Alcopops auf den Markt gebracht zu haben, weil sie ja dazu geführt haben, dass Jugendliche unter 18 Jahren verstärkt dazu greifen?"
Hersteller verweigern Verantwortung Die gleichen schlimmen Folgen müssen erwartet werden, falls in der Schweiz die auf den 1.7.2004 geplante neue Tabakverordnung die Vermarktung von Zigaretten mit Süssstoffen zulassen wird. |