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ECHO Dossier vom 24.11.2008 - Klimawandel
Zum Vergleich: Berichte vom 12.12.2008 von Radio DRS und ARD
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Wirtschaftswachstum erhöht die Treibhausgasausstösse, sagt dieser Radiobericht

Wir sind gleicher Meinung.

Nachvollziehbare Logik ist, dass wir das Wirtschaftswachstum deshalb stoppen müssen. Die Theorien der Ökonomen, die meinen, dass man "immateriell", "entkoppelt", "grün", "anders", "nachhaltig", "ökologisch" oder sonstwie wachsen könnte, ohne die Schadstoffausstösse zu erhöhen, sind nachgewiesenermassen und eindeutig falsch.

Es ist unverständlich, dass unsere Gesellschaft immer noch einem solchen Leitbild nacheifert, obwohl wir doch seit langem um die Endlichkeit der Ressourcen wissen. Die Schweiz und die Welt sind überbevölkert und wir verbrauchen alle zusammen viel zu viel nichterneuerbare und erneuerbare Grundstoffe.

Die Welt ist arg überbelastet. Aber das Bevölkerungswachstum oder gar die Überbevölkerung ist kein Thema. Es ist ein zu heisses Eisen für unsere Politiker. Und das Wirtschaftswachstum herrscht wie ein Virus in den Köpfen der führenden Schichten.

Das Radio haben wir schon öfters gebeten, das Wachstum zum Thema zu machen und nicht einfach die Berichte der Wachstumspromotoren kommentarlos zu verbreiten.

Lesen Sie, was das Radio berichtete.

Das Kyotoprotokoll war ein Meilenstein in der globalen Klimapolitik. 37 Industrieländer und die EU verpflichteten sich darin, den Ausstoss von Treibhausgasen zu reduzieren. Seither is der Ausstoss von Treibhausgasen in die Atmosphäre weiter massiv angestiegen und das Kyotoabkommen läuft 2012 aus.
ecoglobe: "Ein Meilenstein" - ja. Aber ein völlig unwirksamer, weil die vorgesehenen Mechanismen die Emmissionen in Tat und Wahrheit erhöhen und man auf Technologien wartet, wie das quasi unwirksame Auffangen und unterirdisch Ablagern von Schornstein-Kohlenstoffgasen (CCS - Carbon Capture und Storage). Der Handel mit Emissionsrechten gleicht mittelalterlichen Ablassbriefen, mit denen man seine Sünden abkaufen konnte und woran nur die Geistlichkeit und die Fürsten verdienten.

Soll die weltweite Klimaerwärmung tatsächlich eingedämmt werden, braucht es ein neues, schärferes Abkommen. Anfang Dezember wollen die Umweltminister an der Klimakonferenz im polnischen Posen den Grundstein dazu legen. Ein schwieriges Unterfangen.

Bevor wir die politischen Chancen eines solchen Abkommens ausloten, hier den Blick auf die neuesten Erkenntnisse in Sachen Klimawandel. Wissenschaftsredaktor Thomas Häusler fasst zusammen.

[Erster Beitrag: Thomas Häusler]
Es gab kaum eine bessere Periode für die Weltwirtschaft als das halbe Jahrzehnt vor der aktuellen Krise. Doch für das Weltklima wirkten sich diese Jahre negativ aus. Der Boom trieb die Treibhausgas immisionen in die Höhe, so massiv, dass selbst die pessimistischten Szenarien des Weltklimarats IPCC [Englisch: aipiessiessie] übertroffen wurden, sagt der Berner Klimatologe Bernard Stocker, der im IPCC eine zentrale Position innehat.
    "Man stellt fest, in den letzten drei Jahren, dass die Emissionen sehr stark gestiegen sindund wir sind heute auf einem Niveau, das klar höher ist als die höchsten Szenarien."
Damit rückt das oft genannte Ziel in weite Ferne, die globale Fieberkurve nicht um mehr als zwei Grad ansteigen zu lassen.
    "Man ist sicher nicht auf Kurs. Es ist schwieriger geworden, die zwei Grad Celsius-Marke zu erreichen und nich eine Erwärmung einzuleiten, die über dieser Marke liegt."
Den rasanten CO2-Anstieg habe viele Länder mitverursacht. Das zeigen die neuesten Emissionszahlen der Kyoto-Vertragsstaaten, die allerdings die Situation im Jahr 2006 beschreiben.
    "Im Zeitraum 2000 bis 2006 sind sind die Emissionen der Industriestaaten um 2,3 Prozent angestiegen. Es ist eine Entwicklung wie wir es ähnlich auch in der Schweiz beobachten,"
sagt Andreas Schellenberger vom Bundesamt für Umwelt. Die Schweiz liegt momentan etwa ein Prozent über dem angepeilten Ziel. Trotzdem könnte das Land die Kyoto-Verpflichtung gerade so erreichen, mit Hilfe von zwei erlaubten Tricks. Zum einen darf sich die Schweiz jene CO2 gutschreiben lassen, das der Wald durch das Wachstum der Bäume aus der Atmosphäre entfernt. Zum anderen hilft die Schweiz anderen Ländern mit Entwicklungsprojekten ihre Treibhausgase zu reduzieren. Auch dies wird gutgeschrieben.
ecoglobe: Es sind dies in der Tat "Tricks" - Täuschungen. Die CO2-Speicherung in Bäumen ist weit langsamer als die Bildung der fossilen Energien vor vielen Jahrmillionen brauchte und sie ist nur zeitweilig. Entwicklungsprojekte in anderen Ländern führen zu einer Erhöhung der Treibhausgasausstösse, eben weil die Projekte die Wirtschaft entwicklen.

Global betrachtet ist die Kyoto-Bilanz zwar knapp im grünen Bereich. Dies vor allem wegen der ehemaligen Ostblockländer, deren Wirtschaft nach 1990 einbrach. Viele industrielle CO2-Schleuder wurden in der Folge stillgelegt. Aber seit 2000 steigt auch dort der Treibhausgasausstoss wieder an, im Gleichschritt mit der sich erholenden Wirtschaft.

Jedoch machen viele Länder beim Kyotoprotokoll gar nicht mit. Und einige dieser abseitsstehenden Länder haben ihre Treihausgasemissionen in den letzten Jahren massiv gesteigert und so für die jüngste besorgniserregende Entwicklung in Sachen CO2 gesorgt.
    "Die Schwellenländer hatten die grösste wirtschaftliche Entwicklung miterfahren und das schlägt direkt auf die Emissionen durch. In den letzten Jahren hat China die USA als der grösste CO2-Emittent überholt. Eine ähnliche Entwicklung ist in Indien aber auch in Brasilien festzustellen." (Schellenberger)
Darum müssen auch diese Länder beim nächsten Abkommen dabeisein, fordern die Industriestaaten. Und dieses neue Abkommen muss die strengeren CO2-Reduktionen vorschreiben als das bescheidene Kyotoprotokoll.
    "Ja. Die Reduktionen müssen sogar schärfer sein als die ehrgeizigen Ziele, die vor einem Jahr an der Klimakonferenz in Bali diskutiert wurden,"
sagt Thomas Stocker.
    "Die ursprünglichen Zielsetzungen die müssen sogar noch übertroffen werden weil zum Zeitpunkt der Definition dieser Zielsetzungen noch nicht bekannt war, dass wir uns bereits so weit von den Emissionspfaden entfernt haben."
Ein derart verschärftes Abkommen sei chancenlos, warnen manche Fachleute. Sie fordern darum, dass man die angepeilte maximale CO2-Menge der Atmosphäre nach oben korrigiert. Dadurch würde sich die Erde im Mittel nicht um geschätzte zwei Grad erwärmen sondern um drei. Thomas Stocker hält dies für falsch, denn mit der steigenden Temperatur steigere sich zum Beispiel auch der Wasserhaushalt. Eh schon trockene Gebiete müssten mit noch mehr Trockenheit rechnen. Darüber hinaus befürchtet Thomas Stocker, dass es beim einmaligen Anpassen des Ziels nicht bleiben wird.
    "Das ist eine sehr gefährliche Politik, weil sobald ich feststelle, dass ich ein gewähltes Ziel nicht erreiche, dies natürlich zu jedem Zeitpunkt dieses Klimaziel wiederum anpassen könnte."
ecoglobe: Diese sogenannten "Fachleute" meinen also, dass man die Ziele den mutmasslich erreichbarem anpassen soll. Das ist verantwortungslos. Wenn man die Ziele als notwendig anerkennt, muss man alles tun um sie zu erreichen.

Das wäre also quasi ein Sündenfall mit Fortsetzungspotential.
        -- So weit Thomas Häusler.

Wie es weitergehen soll mit dem Klimaschutz, das beraten die Umweltminister ab nächster Woche in Posen. Aber eines ist schon jetzt klar. Der Weg zu einem neuen Abkommen, mit dem die Klimaerwärmung eingedämmt werden soll, dieser Weg wird steinig sein: Markus Mugglin.

[Zweiter Beitrag: Markus Mugglin]
Der Chef der Klimakonferenz dämpft schon mal die Erwartungen für die Konferenz im polnischen Posen.
    "I don't think that every meeting needs to be spectacular or can be spectacular."
Nicht jede Konferenz könne und müsse spaktakulär sein, mein Yvo de Boer und spielt damit auf die dramatische Endphase vor einem Jahr in Bali an. Damals einigten sich die Umweltminister mit eintägiger Verspätung auf den Start neuer Klimaverhandlungen.

In Posen sind keine definitive Entscheide nötig. Es gilt nur, die Struktur des neuen Abkommens zu klären und viele Detailfragen zu bereinigen. Erst im nächsten Jahr in Kopenhagen soll ein neues Klimaabkommen geschlossen werden. Dann mus klar sein, wie stark und wie schnell die Emissionen global zu reduzieren sind, wozu sich die einzelnen Länder verpflichten müssen und in welchem Umfang die armen Länder auf die Unterstützung der reichen zählen können, um Klimaschutzmassnahmen zu ergreifen.

Im nächsten Jahr wird auch der Mann dabei sein, auf dem die Hoffnungen für ein neues Abkommen ruhen, der neue US-Präsident Barak Obama. An die Teilnehmer der Konferenz in Posen hat er aber bereits eine frohe Botschaft gesandt, der Klimawandel rangiere ganz oben auf seiner Agenda.
    "Few challenges facing America and the world are more urgent than combatting climate change."
Der Klimawandel gehöre für Amerika und die Welt zu den grössten Gefahren, die bekämpft werden müssten. Und Obama verpflichtete sich auch gleich auf einen radikalen Kurswechsel im Vergleich zu Präsident George Bush.
    "My presidency will mark a new chapter in America's leadership on climate change. We'll establish strong annual targets that set us on a course to reduce emissions to their 1990 level by 2020 and reduce them by an additional 80 per cent by 2050."
Unter seiner Presidentschaft würden die USA ein neues Kapitel in der Klimapolitik aufschlagen. Er werde strenge jährliche Ziele fixieren. Die Emissionen sollten bis 2020 auf den Stand von 1990 zurückgebracht werden und 2050 um 80 Prozent tiefer ausfallen.

USA verpflichten sich damit erstmals auf präzise Reduktionsziele. Diese sind zwar weniger ambitiös als die des Kyotoprotokolls, doch es ist ein Anfang und Sven Harmeling von der deutschen Umweltorganisation GermanWatch hofft, dass Barak Obama noch weitere Zugeständnisse machen werde.
    "Wir hoffen aber, dass es so sein wird, dass die sich für eine Verringerung auf das Niveau von 1990 bis 2020 [entscheiden]. Da ist dazu zu sagen, [dass dies] die einheimischen Verringerungen sind und dass zusätzlich die USA sich aber daran beteiligt, Klimaschutz in Entwicklungs- und Schwellenländern zu unterstützen."
Die USA bewegen sich vorwärts, doch in der EU droht das Gegenteil. Noch im letzten Jahr ging sie mutig voran, jetzt drängen sich Bremser vor, stellt Sven Harmeling fest.
    "Die EU hat letztes Jahr wirklich sehr grosse wichtige Ziele beschlossen und jetzt wo es aber darum geht, die entscheidenden Gesetze und Richtlinien zu verabschieden, da zeigt sich, dass einige Staaten jetzt offenbar lieber auf die Bremse treten."
Allen voran Polen und Italien, zum Teil aber auch Deutschland und andere. Plötzlich ist ungewiss, ob die EU noch zu ihren hohen Emissionszielen steht, die sie im letzten Jahr verkündet hatte. Doch nur wenn die EU und die USA vorangehen, können die Verhandlungen für ein neues Klimaabkommen erfolgreich sein. Dann wären auch die Schwellenländer, wie China, Indien oder Brasilien bereit, ihre Emissionen zu begrenzen. Ansonsten droht die Blockade, mit schwerwiegenden Folgen. Denn je später sich die Umweltminister einigen, umso schwieriger wird es, die Klimaerwärmung zu stoppen.

Der Klimaschutz geht in die nächste wichtige Runde. Das war das Thema des heutigen Dossiers. Das war's vom Echo der Zeit, heute, Montagabend. Verantwortlich war Roman Villinger. Für die Nachrichten Christian Lüscher, am Mikrofon Hans Ineichen.

ecoglobe: Diese hehren Ziele und Vorhaben bleiben leere Phrasen solange man
1. auf nichtwirksame und kontraproduktive Kyotomechanismen setzt,
2. auf (neue) Technologien hofft, anstelle vorhandene Mittel und Methoden zu verwenden,
3. man hofft, das heutige Konsumniveauz bezubehalten, und schliesslich
4. meint, man könne fröhlich weiterwachsen, mit Wirtschaft und Bevölkerung.

Mit Hoffnung und Optimismus kann man die Welt nicht retten. Und es muss immer wieder betont werden, dass die Menschheit die Tragfähigkeit der Erde um ein vielfaches überschritten hat und die Wachstumspolitik die Menschheit immer schneller in die Katastrophe treibt.
ecoglobe meint, dass die Unterhändler vom Dienst von Nachhaltigkeit nichts verstanden haben. Sie alle glauben unbeirrt an Wachstum und Technologie. Schade.
Transkription und Kommentare Helmut Lubbers ... 25 November 2008
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