In der Sektion PROGNOSEN im Spiegel vom 31. Oktober 2011 konnte man auf Seite 78 diese journalistische Meisterleistung vom Herrn Alexander Neubacher lesen.
Herr Alexander Neubacher sei von vornherein entschuldigt. Er ist verheiratet und Vater von vier kleinen Kindern. Er kann nicht anders. Er muss, wie er selber zur Verleihung des Journalistenpreises im Video erklärt, sein Geld durch die Verbreitung schlechter Nachrichten verdienen. Dennoch muss er zwangsläufig optimistisch bleiben, aus persönlichen Gründen und weil der Spiegel seine Zeitschrift sonst nicht mehr verkaufen würde.
Was wir als Meisterleistung ansehen, ist die Anhäufung so vieler simplistischer, unkritischer, voreingenommener und fehlerhafter Behauptungen auf nur einer Textseite. Der Artikel strotz nur so von Redewendungen und politisch einseitigen Ausdrücken, die in einer ernsthaften Analyse einer überlebenswichtigen Sache keine Berechtigung haben.
Dabei sagen die Preisverleiher: "Komplizierte Zusammenhänge in der Wirtschafts- und Sozialpolitik transparent zu machen, sei für den 41jährigen Vollblutjournalisten immer wieder eine Herausforderung."
Eben. Dieser Herausforderung ist Herr Alexander Neubacher, Volkswirt, in Umweltfragen nicht gewachsen. Natürlich nicht. Es passt nicht in sein Weltbild und in das seiner Arbeitgeber, wie man bei der Spiegellektüre immer wieder feststellen kann.
Unser Vollblutjournalist ist anscheinend in die Archive getaucht, zitiert aus alte Berichten und zeigt keinerlei Wissen von nachfolgenden umweltwissenschaftlichen Fakten. Dabie gibt es diese zuhauf.
 Seitdem "grün" mode ist und der vom Staat subventionnierte "Club of Rome" gutbürgerlich an Wachstum glaubt, wird Denis Meadows zu Konferenzen eingeladen, wo wachstumsgläubige Herren mit dem Warner abgelichtet werden und so ihre "grüne" Gesinnung dem Volke zeigen können. (Zürich, Oktober 2008) Aus diesem heutigem "Club of Rome" ist Denis Meadows folgerichtig ausgetreten!
Vgl. Der "Club of Rome" und Wachstum
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Die Studie aus 1972 wurde mehrmals aufgearbeitet und ihre Erkenntnisse wurden immer wieder bestätigt. Wegen des Wachstums haben wir die Rohstoffe und die Natur in der Tat weiter abgebaut und geschädigt. Deswegen haben sich unsere Lebenschanchen auf diesem Planeten weiter rasant verschlechtert, ganz konkret und nachgewiesenermaßen. (Vgl., z. B. "A comparison of The Limits to Growth with 30 years of reality".)
Im Grunde besagte die Studie zu den Grenzen des Wachstums nur "wenn", "dann" - unter der wissenschaftlichen Voraussetzung einer jeder Studie, dass alle anderen Umständen gleichbleiben (Ceteris Paribus ). Das Computerprogramm sagte nur: Wenn die Vorräte so und so gross sind und unsere Verbrauchsraten um so viel Prozent jährlich steigen, dann wird gegen 1992 gewisse Vorräte zu Mangelware werden.
Herr Alexander Neubacher bedient sich rücksichtslos einer Reihe von herabwürdigenden Eigenschaftswörtern und Redewendungen, die Zweifel wecken ohne daür einen Beweis anzutreten. Das ist billiger Sensationsjournalismus.
Der Titel "Mal wieder Weltuntergang" suggeriert fehlerhafte Warnungen, und ist ein Hinweis auf voreingenommene Unwissenschaftlichkeit.
Ausdrücke wie "führenden Experten für düstere Prognosen", "Schauergeschichte", "Johannes-Offenbarung und Maya-Kalender", "Meadows' Vorbild, der missgelaunte britische Pfarrer Thomas Robert Malthus" und "missgelaunt" sind alle dazu angetan, den Warner zu verspotten.
Unserem "Vollblutjournalisten", der so clever komplizierte Zusammenhänge erklären kann, sind diese Gegebenheiten entgangen. Kein Wunder. Wenn man eine Familie mit vier kleinen Kindern hat , sind solche Tatsachen lebensbedrohlich für das warme Innere der Privaten Wohlseinsblase. Erdölf&ördermaximum . [zurück ]
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Mal wieder Weltuntergang
Gruselrunde im Bundestag: Eine Kommission bereitet sich auf den Zusammenbruch von Demokratie und Kapitalismus vor. [zurück ]
An diesem Montag wird ein ganz besonderer Geburtstag gefeiert: Der siebenmilliardste Erdbewohner erblickt das Licht der Welt (siehe [Spiegel] Seite 144). Die Vereinten Nationen haben das Datum symbolisch festgelegt. "Wir wünschen dem Baby Glück", hieß es vorab in einer Erklarung. Trotz aller Probleme auf der Welt handle es sich um ein fröhliches Ereignis.
Doch die Freude wird nicht von allen geteilt, schon gar nicht in der Enquetekommission "Wachstum, Wohlstand, Lebensqualitat" des Deutschen Bundestags in Berlin. Seit Anfang des Jahres arbeitet die Allparteienrunde aus 17 Politikern und 17 Wissenschaftlern daran, sich einen Überblick über die Gesamtlage der Menschheit zu verschaffen. Die ersten Eindrücke fallen ausgesprochen trist aus, die Stimmung vieler Teilnehmer tendiert Richtung Hoffnungslosigkeit.
Man weiß nur noch nicht, was schlimmer ist: die bevorstehenden Hungerkatastrophen? Die Umweltzerstorung? Das Ende der Ressourcen?
Ihren vorlaufigen Tiefpunkt erreichte die Stimmung in der Kommission Anfang vergangener Woche. Zum Thema Bevölkerungsentwicklung hatte man auf Vorschlag des Grünen-Politikers Hermann Ott den führenden Experten für düstere Prognosen eingeladen: Dennis Meadows, 69, Ex-Direktor am Massachusetts Institute of Technology und Hauptautor von "Die Grenzen des Wachstums".
Die Siebziger-Jahre-Studie des Club of Rome dürfte, gleich nach Johannes-Offenbarung und Maya-Kalender, die populärste Schauergeschichte aller Zeiten sein. Das Buch hatte eine Auflage von über zwölf Millionen Exemplaren. 1973 wurde der Club of Rome dafür mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet.
Für Meadows sind sieben Milliarden Menschen alles andere als ein Grund zum Feiern. Nachseinen Berechnungen hätte bei zwei, maximal drei Milliarden längst
Schluss sein müssen. Jeder weitere Erdbewohner sei zum Tode verurteilt, so wie es schon Meadows' Vorbild, der missgelaunte britische Pfarrer Thomas Robert Malthus, vor 200 Jahren geweissagt hatte: "Beim Gastmahle der Natur ist durchaus kein Gedecke für ihn gelegt."
Dementsprechend düster fiel das Szena rio aus, das Meadows den deutschen Abgeordneten präsentierte. Es droht mal wieder Weltuntergang. Der Menschheit stehe eine Hungersnot biblischen Ausmaßes bevor. Das westliche Wirtschaftssystem werde demnächst kollabieren.
[Bildlegende: Zukunftsforscher Meadows Zu Hause ein Notstromaggregat]
Die Demokratie ais Herrschaftsform, ohnehin ein, so Meadows, "junges Phänomen" , sei aller Voraussicht nach zum Scheitern verurteilt. "ln den nächsten 20 Jahren wird sich die Welt radikaler verandern als in den vergangenen 100 Jahren", prophezeite er den verstörten Abgeordneten und rief dazu auf, sich rechtzeitig auf die veränderte Lage einzustellen. Er selbst habe sich für daheim ein Notstromaggregat samt 500-Liter-Reservetank zugelegt.
Nun haben sich die Prognosen aus Meadows' Anti-Wachstums-Studie zum Glück als übertrieben herausgestellt, auch wenn . man ihm zugutehalten kann, dass er als einer der Ersten auf die Endlichkeit irdischen Guts hingewiesen hat. Doch sein auf Basis der bekannten Vorrate modelliertes Szenario für Silber (angeblich erschöpft im Jahr 1983), Zinn (1985), Zink (1988), Erdöl (1990), Kupfer (1991), Erdgas (1992), Wolfram (1998) oder Aluminium (2001) ist nicht eingetreten; manche Klimaschützer würden womöglich sagen: bedauerlicherweise.
Selbst die weltweiten Goldminen waren, anders als Meadows es vorhergesagt hat, nicht schon im Jahr 1979 restlos erschöpft, sondern werfen bis heute stattliche Gewinne ab.
Der Menschheit als solcher geht es trotz des rasanten Bevölkerungswachstums nicht ganz so schlecht, wie Meadows einst prognostiziert hat. Die Lebenserwartung auf der Welt ist seit seinem Bestseller nach Uno-Angaben um zehn Jahre gestiegen, die Kindersterblichkeit um fast zwei Drittel gesunken. Die Zahl der Menschen, die unter Übergewicht leiden (1,5 Milliarden), ist weltweit größer als die Zahl derer, die von chronischem Hunger geplagt werden (eine Milliarde).
Es gäbe deshalb Gründe, Meadows' Vorhersagen kritisch zu hinterfragen. Technischer Fortschritt kam in seinem Modell systematisch zu kurz, ebenso menschliche Kreativitat und Anpassungsfähigkeit. Dass Metalle recycelt werden könnten, wurde zwar erwähnt, in der Berechnung mit Meadows' Supersoftware World 3 aber trotzdem kaum gewürdigt.
Doch die Enquetekommission des Bundestags ließ wenig Zweifel an den Thesen des Altmeisters erkennen. Meadows war als Ratgeber gefragt. "Wie kommen wir da wieder raus?", fragte die Vorsitzende Daniela Kolbe von der SPD bang. Ihr Parteifreund Michael Müller, Ex-Staatssekretar im Umweltministerium, wollte wissen, ob die Zukunft der Welt womöglich in Asien liege. Meadows lobte Singapur:
"Eine Diktatur, aber dafür mit smarten Leuten an der Macht."
Da fühlten sich die Demokraten im Bundestag dann doch ein bisschen beleidigt.
ALEXANDER NEUBACHER. DER SPIEGEL 44/2011 - 30 Oktober 2011 - Seite 78
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