[Die Sterne sollten uns daran erinnern, dass dieses Raumschiff Erde keinen Notausgang hat.]
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Brief an Klaus Schwab, Gründer und Präsident des Weltwirtschaftsforums [WEF Davos]
Anlass für unseren Brief war der "Newsletter August 2012" von Klaus Schwab, den wir am Samstag 11.8.2012 in unserem Briefkasten fanden. Hierunter finden Sie unsere Reaktion.
Third letter sent to Mr Klaus Schwab: []       [First letter][Second letter]
ecoglobe.ch
Helmut E. Lubbers
BE MsocSc DipEcol
14 Boulevard Carl-Vogt
CH-1205 Genève / Genf
Schweiz/Suisse/Svizzera

helmutecoglobe.ch
www.ecoglobe.org
www.ecoglobe.ch

 
Genève/Genf, 12 August 2012

Lu/rs/schw2812
ecoglobe, 14 bd. Carl-Vogt, CH-1205 Genève
Herrn Klaus Schwab
Gründer und Präsident des
Weltwirtschaftsforums
Route de la Capite 91
1223 Cologny


Ihre Mission, "den Zustand der Welt zu verbessern" (WEF Nachrichtenbrief August 2012)
Sehr geehrter Herr Schwab,

besten Dank für Ihren Nachrichtenbrief vom August 2012.

Gestatten Sie uns, einige Anmerkungen vorzubringen, in der Hoffnung, dass Ihnen der Brief vorgelegt wird und dass Sie ihn auch lesen.

Mit den Aktivitäten des WEFs wollen Sie "den Zustand der Welt verbessern." Leider unterlaufen Ihnen dabei einige grundlegende Irrtümer, zum Beispiel:
  1. Ihre technischen und wirtschaftlichen "Fortschritte" führen zu einem stetig stärkeren Druck auf die Umwelt und immer schnellerem Aufbrauchen der Ressourcen. Die Natur - das heisst Wälder, Landschaften, Tierleben einschliesslich Fische, Vögel und Kleinstlebewesen, Mineralien, Gewässer und Meere, Grundwasser, Böden, Klima, Lebensraum - alles wird dadurch immer mehr belastet und zerstört.
    Ihr mengenmässiger "Fortschritt" ist in Tat und Wahrheit ein nichtwiedergutzumachender Rückschritt für die Menschheit: die Zerstörung unserer Lebensgrundlagen.
  2. Das "große Potential" Ihrer "Interkonnektivität" für "neue, innovative Lösungen" ist reine Hoffnung, nicht anderes. Auf Hoffnung kann man nicht bauen. Die "Lösungen" sind technologische Luftschlösser.
  3. "Das schnellste Wirtschaftswachstum" ist der Kern Ihres ideologischen Übels. Seit über 350 Jahren wissen wir, daß die Erde eine Kugel ist und die Ressourcen deswegen beschränkt sind. Das Wachstum beschleunigt den Abbau nichterneuerbarer Ressourcen. Da hilft auch eine von Ökonomen als "Lösung" vorgebrachte Steigerung des Materialausnutzungsgrades nicht. "Entmaterialisiertes Wachstum" und dergleichen sind kompletter Unsinn. Alles Wirtschaftswachstum ist immer materiell. Fast alles, was wir in der modernen Zeit gebrauchen ist nichterneuerbar. Seit vielen Jahren werden die zunehmenden Schäden an der Umwelt und die Zerstörungen in allen Einzelheiten dokumentiert. Man weiß auch ganz genau, daß die Schäden immer eine Folge des Bevölkerungswachstums und der wirtschaftlichen Expansion sind.
    Die Technologie dient der beschleunigten Abbau der Ressourcen. Weder Innovation, noch Technologie können je die aufgebrauchten Rohstoffe wiederherstellen oder ausgestorbene Arten wiederbeleben.
    "Arbeitsplätze" und "Armutsbekämpfung" dürfen nicht durch Wachstum bewerkstelligt werden.
  4. Die Menschheit lebt auf viel zu großem Fuss, weit schlimmer als die 1,5 oder 9 mal, je nach Darstellungsart und Weltgegend, die Herr Wackernagel berechnet, weil sein ökologischer Fussabdruck die nichterneuerbaren Rohstoffe nicht einbezieht.
    Es ist sogar fraglich, ob die Menschheit zu Beginn des modernen Zeitalters, d.h. vor 1712 (erste Dampfmaschine), überhaupt noch "nachhaltig" war, mit "nur" 500 Millionen Menschen und einem Welt-BIP, dass vielleicht erst ein 40stel des heutigen war.
  5. Nachhaltigkeit bedeutet ein Zustand und eine Arbeitsweise der Gesellschaft, die lange unverändert weitergeführt werden können, wobei Rohstoffe und Natur nicht schneller benutzt werden als die natürliche Umwelt sie wiederherstellen kann.
    Mit 7 Milliarden Menschen und 40fachen Welt-BIP haben wir einen 560fachen Verbrauchsüberhang im Vergleich zur Lage vor 300 Jahren.
    Auch bei sofortigem Wachstumsstopp und anschliessender Verringerung des Materialdurchsatzes ist schwer vorstellbar, wie wir noch rechtzeitig die Umkehr und Rückkehr zu einer Ebene der Nachhaltigkeit schaffen könnten. Zu träge sind die Systeme und die Einstellungen der Machtausübenden.
  6. Unter diesen Vorzeichen ist es fast mühsam noch auf weitere Einzelheiten Ihres Nachrichtenbriefes einzugehen. Hunger und Krankheiten werden eine unausweichliche Zukunft für die ganze Menschheit, wahrscheinlich in vollem Umfang ab Ende des heutigen Erdölfördermaximums einsetzend, binnen weniger Jahre.
  7. Ihre Hinweise auf die Fortune-Global-500 Unternehmen und die öffentlich-private Partnerschaften zeigen klar, wo Ihre Mission in Wirklichkeit liegt. Die öffentlich-privaten Partnerschaften sind der letzte Angriff der Großwirtschaft auf die Gesellschaft, nachdem es keine gewinnbringenden Staatsbetriebe mehr gibt, die man noch privatisieren könnte. In England jedoch hat sogar die heutige Rechtsregierung gemerkt, zu welchen Desastern und Verlusten für die Allgemeinheit das führt. Bundesrätin Doris Leuthard ist im Fragegespräch auf Seite 2-3 Ihres Nachrichtenbriefes zu Recht nicht auf Ihre diesbezüglichen Andeutungen eingegangen.
Sie werden sich vielleicht fragen, sehr geehrter Herr Schwab, warum wir ausgerechtet Ihnen schreiben, wo Sie doch nur ein Spieler in der Weltwirtschaft sind. Vielleicht weil Sie am lautesten behaupten, dass Sie eine bessere Welt wollen und dabei grad bei Ihnen am klarsten ist, dass Ihre Arbeit für das Wachstum das Gegenteil bewirkt.

Durch die bestehende Überbelastung der Welt und das auch von Ihnen propagierte Wachstum ist der Weg der Menschheit vorgezeichnet: zur totalen Erschöpfung der Welt, anschliessendem Chaos und unserer Auslöschung.

Wollen Sie uns bestätigen, dass Sie diesen Brief selber gelesen haben?

Mit dank und freundlichen Grüssen,

[Unterschrift H E Lubbers]



cc: Frau Bundesrätin Doris Leuthard
     Herr Mathis Wackernagel, Global Footprintnetwork, c/o Büro Genf
     Webseite www.ecoglobe.ch/change/d/schw2812.htm
[NEWSLETTER AUGUST 2012 - Editorial Klaus Schwab]

Die Mission des Weltwirtschaftsforums lautet: "Den Zustand der Welt zu verbessern". Lassen Sie mich kurz meine Gedanken dazu darlegen und mit Ihnen über den Zustand der heutigen Welt sprechen, über die bevorstehenden Herausforderungen und wie wir sie meistern und vielleicht sogar in Chancen verwandeln können.

In wirtschaftlicher Hinsicht hat die Welt in den letzten 20 Jahren enorme Fortschritte gemacht. Innerhalb einer Generation ist die Zahl der Menschen, die von weniger als 1,25 $ pro Tag leben müssen, um die Hälfte gesunken. Rund 500 Millionen sind in diesem Zeitraum in den Mittelstand aufgestiegen. Und durch außergewöhnliche Fortschritte in Technologie und Kommunikation sind unsere modernen Gesellschaften in einem Maße vernetzt, wie es 1992 noch undenkbar schien.

Ein Drittel der Menschheit ist heute online, wobei knapp die Hälfte der Webnutzer jünger als 25 Jahre ist. 900 Millionen Menschen - ein Achtel der Weltbevölkerung - treffen sich auf Facebook (das erst vor 8 Jahren gegründet wurde) und es gibt heute fast 6 Milliarden Mobilfunkteilnehmer - im Vergleich zu 12,4 Millionen vor 20 Jahren. Dieser hohe Grad an Interkonnektivität birgt großes Potenzial für neue, innovative Lösungen in Bereichen wie Bildung, Gesundheit und Landwirtschaft. Diese Bereiche werden sich in den nächsten 20 Jahren radikal verändern.

Das schnellste Wirtschaftswachstum der letzten zwei Jahrzehnte ereignete sich in den Entwicklungsländern, die dadurch zu Schwellenländern wurden, Trotz der globalen Auswirkungen der Finanz- und Wirtschaftskrise seit 2007 erwirtschaften sie heute etwa 40 % des globalen BIP, doppelt so viel wie noch 1990. Misst man das BIP an der Kaufkraft, dann wurden die Industriestaaten Schätzungen zufolge bereits 2008 von den Schwellenländern überholt und werden in diesem Jahr wahrscheinlich 54 % des Welt-BIP erreichen.

Heute sind Schwellenländer für mehr als die Hälfte des Güterverbrauchs, der weltweiten Exporte und der externen Investitionszuflüsse verantwortlich. Knapp ein Viertel der Fortune-Global-500-Unternehmen stammen aus diesen Markten - 1995 waren es nur 4 %. Vieles davon verdanken wir der Globalisierung, den Innovationen der Privatwirtschaft und dem wachsendem Druck aus der Zivilgesellschaft.

Sicherlich müssen wir noch viel mehr erreichen, denn auch die Komplexität, das Ausmaß und der Umfang der vielen Herausforderungen, denen wir gegenüberstehen, ist gestiegen. Auch ein gutes Jahrzehnt nach der Jahrtausendwende bleiben viele der sozialen und ökologischen Millennium-Entwicklungsziele unerreicht: Man denke an das Fortbestehen von Hunger und Unterernährung besonders bei Kindern, den fehlenden Zugang zu Grundschulbildung, die schlechte Bilanz bei der Gleichstellung von Mann und Frau, die zu langsame Verringerung der Kinder- und Müttersterblichkeit, die unzureichende Entwicklung der sanitären Versorgung und die Nichterreichung eines allgemeinen Zugangs zu HIV-/AIDS-Medikamenten, auch wenn es gewisse Erfolge bei der Bekämpfung der Krankheit gab.

Vor dem Hintergrund der fortgesetzten ökonomischen Probleme insbesondere in Europa werden die traditionellen Hilfsströme vermutlich weiter unter Druck geraten, was die Umsetzung der sozialen Dimensionen der nachhaltigen Entwicklung zusätzlich erschwert. Um hier voranzukommen, brauchen wir innovative soziale Modelle, die über staatliche Subventionierung hinausgehen und in großem Maßstab viel erreichen. Der einzige Weg ist die Stärkung privater Initiativen durch öffentlich-private Partnerschaften oder soziales Unternehmertum.

Im Bewusstsein der einzigartigen Rolle der Schweiz innerhalb des globalen Politik-, Wirtschafts- und Diplomatiegeschehens wird das Forum seine Zusammenarbeit mit dem öffentlichen und privaten Sektor des Landes weiter verstärken. Auch in diesem Jahr hält die Schweiz den 1. Platz in unserem Global Competitiveness Report, wobei die besonderen Starken des Landes - Wissenschaft und technologische Innovation - exakt dem Motto des Forums entsprechen: "Entrepreneurship in the global public interest". Das Forum freut sich deshalb besonders auf eine noch stärkere Zusammenarbeit mit führenden Schweizer Innovationsplattformen, um die Prozesse, die unsere Welt so rasant und unberechenbar verändern, positiv zu gestalten.

References

  • WEF Scenarios 2009 - A Reference Scenario
  • Das WEF Davos Open Forum und die FEK - eine Analyse
  • ecostory 5-2008 - The Davos Open Forum on Sustainability and Economic Growth
  • ecostory 3-2004 - Ein Forum für eine bessere Welt (A forum for a better world)
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