ecoglobe Gedankenaustausch mit einem bekannten Ökonomen in der Schweiz
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Teile einer Diskussion per Email von Ende August 2011

Von: helmutecoglobe.ch Gesendet: Mittwoch, 31. August 2011 17:00 An: [...]@[...].ch Betreff: Wachstum, Arbeitsplätze, Entmaterialisierung usw...

Sehr geehrter Herr [...],

danke für Ihre kurze Stellungnahme, die sich m.E. von den üblichen Antworten nicht wesentlich unterscheidet.

Wachstum ist immer materiell, weil Geld = BIP = Güter.
Dienstleistungen sind darin enthalten. Wenn Sie zwei Kunden beraten brauchen Sie mehr Ressourcen als bei einem Kunden. Wenn die SBB ihre Dienstleistung im Verkehr ausbaut, brauchen sie mehr Züge usw. Wenn ich für mein Geld Klavierstunden nehme und kein Auto fahre, sinkt das BIP. Ich kann unmöglich so viele Klavierstunden zu den üblichen Preisen nehmen, dass die Umsatzeinbüsse in der Autobranche dadurch ausgeglichen würden.

Nur bei einem Van Gogh-Gemälde (ich bin Holländer, deswegen dieses Beispiel) gilt die Parallelität von Ressourcenaufwand und Preis nicht.

Höhere Materialausbeute bzw. Materialeffizienz stösst auch an Grenzen und ist keine grundsätzliche Entgegnung der Tatsache, dass Wachstum die Verbrauchsgeschwindigkeit der Ressourcen erhöht.

Die Theorie, dass Wachstum weniger Stoffverbrauch erzeugen könnte, verstösst gegen das Prinzip der Einheit von Ort und Zeit. Martin Wolf der FT hat mir das auch versucht so zu erklären, mit dem Beispiel des Computers, in 1948 so gross wie ein VW Bus und nun ein Wafer. Wenn ich heute wachse verbrauche ich heute mehr Ressourcen als im letzten Jahr. Ob dadurch in der Zukunft vielleicht weniger verbraucht wird, das macht das Wachstumsprinzip nicht ungültig.

Dazu ist noch anzumerken, dass sogenannte nachhaltige Energieerzeugng durch Öl und Kohle subventionniert wird, für Bau und Betrieb der Anlagen. Wenn es kein Öl mehr gibt können solche Anlagen schwer erneuert bzw ersetzt werden. Die Lebensdauer von Solar- und Windkraftanlagen ist relativ kurz.

Ausserdem ist unser Problem nich zu wenig sondern zu viel fossiler Energie, welcher Umstand dazu gefürht hat, dass wir die Moderne aufbauen konnten und zu diesem enormen Overshoot der Tragfähigkeit der Erde gelangen. Dazu mögen Sie diesen Artikel vergleichen:
www.ecoglobe.ch/scenarios/f/itin0903.htm.

Ob nun Wachstum für Arbeitplätze nötig ist oder nicht, oder aus anderen Überlegungen; es ist kein gültiges Argument, weiter zu wachsen.

Auch Herr Binswanger Senior schrieb mir, es brauche immer etwas Wachstum, wegen dem System. Aber m.E. bleibt es Wachstum und die Ressourcen bleiben endlich.

Des Pascal Lamy's et al. Argument der Armutsbekämpfung ist aus gleichen Gründen ebensowenig gültig. Wenn schon, dann durch Umverteilung.

Wenn wir soziale Spannungen und dergleichen vermeiden wollen, müssen wir uns etwas anderes einfallen lassen, als das Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum, welches die Welt in den totalen Ressourcennotstand und Kollaps führt.

Ausserdem, wegen des bevorstehenden Ende des Ölfördermaximums
"Fortschritt"? Was ist das? Dass meine Enkel-Innen in der Primarschule Bücher lesen über Klimawandel, Artensterben usw und dazu angehalten werden, bei WWF mitzumachen, der gleichen Organisation, dessen Boss Jim Leape auch für weiteres Wachstum ist?

Wie sollen den Menschen überleben, wenn es dem Planeten nicht gut geht, wenn es keine Ressourcen mehr gibt?

Ehrlich, Herr [...], ich verstehe Sie nicht.
Nehmen Sie doch mal etwas Zeit und vertiefen Sie sich in den Umweltbereich. Ich habe Ihnen einige Links angegeben in meinem vorigen Mail. Ich bin nur der Wissenschaft verpflichtet und da gelten nur Tatsachen und Trends, die glaubhaft dokumentiert wurden. Ein Szenario sieht so aus: www.ecoglobe.ch/scenarios/e/posi2025.htm
Ich finde die Geschichte jedoch nicht wirklich lustig, gar nicht.

Haben sie mal ihre Kinder gefragt? Glauben die auch man kann weiterwachsen, entmaterialisiert, grösser werden ohne zu essen?

Mit freundlichen Grüssen ... Helmut Lubbers

PS: In einem persönlichen Gespräch versuchte mein Landsman, Sturm, der KOF sich herauszuretten, indem er Dienstleistungen umdefinierte. Das hat man auch schon mit Wachstum gemacht aber dann redet man neberneinander durch.
Meine Briefe an die KOF finden Sie hier: www.ecoglobe.ch/economics/d/kof7203.htm
Ich glaube nicht, dass darin Fehler stehen.

<<< Ihr Mail
Lieber Herr Lubbers,

[Erhaltenes Mail, drei Absätze, etwa 150 Wörter Text.
Auf Wunsch des Ökonomen nicht veröffentlicht.]

Mit freundlichen Grüssen

[...]
[Name, Titel und Unternehmen]
>>>


PS (nicht im meinem Mail an Herrn [...] enthalten):

Diese kurze Stellungnahme zeigt, dass "Wachstum" mit "Arbeit" und "Wertschöpfung" gleichgesetzt wird. Das passiert oft.
Wachstum bedeutet Zunahme, nicht die Arbeit selber, die in Geldausgedrückte Zunahme der Wertschöpfung zwischen zwei Zeitpunkten.

Ganz allgemein ist Wachstum nicht nur Zunahme der Wertschöpfung sondern auch der Schadensschöpfung.
Daly und Cobb berechneten einen Index of Social and Economic Welfare für die USA, welcher die guten und die schlechten Auswirkungen unserer Wirtschaft berechnet. Die ISEW Kurve geht für die USA ab etwa 1970 nach unten, obwohl das BIP weiter steigt. Der Endnutzen des Wachstums wurde also negativ. Vgl.: www.foe.co.uk/community/tools/isew/international.html mit Kurven für weitere Länder.

Wenn man sagt, dass es Wertschöpfungen gibt, die "keinerlei zusätzlichen stofflichen Mittel bedingen", so ist das durchaus richtig, so lange man nicht mehr erbringt als letztes Jahr. Das gilt für Autofahren wie für Musikmachen. Mehr Wertschöpfung braucht mehr Einsatz, auch wenn's nur Energie zum Singen ist.

Die ressourcenverbrauchsarme Dienstleistungsgesellschaft ist ein weitverbreitetes frommes Märchen von Menschen, die sich nicht vergewärtigen was alles zu Dienstleistungen zählt: der Verkehr und die moderne Kommunikation, zum Beispiel, die sehr ressourcenintensiv sind.

Zudem, wenn wir keine Industrie mehr haben, so werden unsere Wohlstandsgüter sonstwo hergestellt. Der Ressourcenverbrauch bleibt.

Wenn das Wachstum im Inland stattfindet, zum Beispiel in der Bauwirtschaft, so muss man fragen, wie lange man weiterbauen kann bis die ganze Fläche des Landes vollgebaut ist. Wo sollen wir dann noch Landwirtschaft betreiben, wenn wir nach dem Erdölfördermaximum immer weniger Nahrungsmittel aus dem Ausland werden einführen können?

Die schrecklichen Ereignisse des letzten Jahrhunderts sind nicht zeitbegrenzt. Wir führend dauernd Kriege um Öl und andere Rohstoffe. Nach dem bevorstehenden Ende des Erdölfördermaximums werden Rohstoffkriege dramatisch zunehmen.
Das Wachstum der Produktion und der Bevölkerung wird dann durch Schrumpfung abgelöst werden, mit allen deren Folgen.

Helmut Lubbers ... 1 September 2011

--
[Abbreviations are explained at the bottom of the mail]
Carpe diem ... Helmut
... quam minimum credula postero -
Pluck the day, trusting as little as possible in the future. - Horatius
Cueille le jour présent, en te fiant le moins possible au lendemain.
Plücke den Tag und vertraue der Zukunft so wenig wie möglich.

<<< some abbreviations to facilitate understanding of modernity >>> BPE = Business, Politics and the discipline of Economics
ECONOMIC GROWTH = The difference in GDP between one year and the previous one. GDP=Money=Material. "Dematerialised growth" is nonsense sublime.
HOT = Hope Optimism Technology
LSM = Lame Stream Media
OVERSHOOT = Too many people consuming too much resources, possibly more than 400 times in excess of the planet's carrying capacity.
PiP = People In Power
PPOD = Post Peak Oil Downslope

<<< Welcomeecoglobe.org - www.ecoglobe.org >>>
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Hoffnung, Optimismus oder Technologie werden aufgebrauchte Rohstoffe und ausgestorbene Arten wiederherstellen können HOT.
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